02. Dezember 2024 
 
11. September 2023

Neue Metallschweißverbindungen für die Medizin

Schweißverbindungen zwischen Titan beziehungsweise nichtrostenden Stählen und sogenannten Nickel-Titan-Formgedächtnislegierungen sind bislang noch anfällig für die Entstehung von Rissen. Die Werkstoffkombinationen weisen daher häufig geringe Festigkeiten auf. Wissenschaftlern der Universität Kassel ist mit den biokompatiblen Zusatzwerkstoffen Niob, Tantal und Hafnium hier nun ein neues Verfahren gelungen – das eröffnet Möglichkeiten beispielsweise in der Medizintechnik. In einem ersten Projekt verbesserten sie die Materialfestigkeit eines Mittelohrimplantats um den Faktor 3.

Foto: Uni KasselFoto: Uni Kassel
Eine Stapesprothese im Größenvergleich mit einer 1-Cent-Münze
Titanlegierungen, Nickel-Titan-Formgedächtnislegierungen (kurz: NiTi) sowie nichtrostende Stähle zeichnen sich unter anderem durch hervorragende Korrosions- und Medienbeständigkeit aus und zählen deshalb zu den am häufigsten genutzten Metallen in der Medizintechnik. Wegen der spezifischen Materialeigenschaften ist es jedoch aus funktionellen, fertigungstechnischen sowie aus wirtschaftlichen Gründen gewünscht, sogenannte artfremde Verbindungen zu anderen Werkstoffen herzustellen und somit deren Vorteile in Bauteilen mit maßgeschneiderten Eigenschaften zu vereinen. Eine beispielhafte Anwendung aus dem Bereich der Medizintechnik sind Stapesprothesen, die als Ersatz für Steigbügel, die kleinsten Knochen im menschlichen Körper, eingesetzt werden. Mit einer Länge von 5 mm ist ein Steigbügel dreimal kleiner als der Durchmesser einer 1-Cent-Münze.

Im Rahmen des von Januar 2021 bis Dezember 2022 durchgeführten Forschungsprojekts „MeTiWeld – Artfremdes Mikro-Strahlschweißen von Titan mit Nitinol und nichtrostenden Stählen zur Herstellung eines biokompatiblen Materialverbunds und Verwendung von Zusatzwerkstoffen“ untersuchten die Forscher um Prof. Dr.-Ing. Prof. h.c. Stefan Böhm (Leiter Fachgebiet Trennende und Fügende Fertigungsverfahren) artfremde Strahlschweißverbindungen bei Titanlegierungen, nichtrostenden Stählen und NiTi unter Nutzung biokompatibler Zusatzwerkstoffe wie Niob, Tantal und Hafnium. Zum Einsatz kamen sowohl das Mikro-Elektronenstrahlschweißen als auch das Laserstrahlschweißen. „Bei der Verwendung der Zusatzwerkstoffe konnten wir herausragende Zug- und Biegefestigkeiten erzielen, welche die Ergebnisse bisheriger Studien zum artfremden Strahlschweißen der Grundwerkstoffe deutlich übertreffen“, erklärt Michael Wiegand, Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Fachgebiets und Leiter des Projekts.

Auch ein zweites Medizinprodukt verbesserte das Forschungsteam: Am Beispiel eines Führungsdrahtes, der bei einer Herzkatheter-Untersuchung benötigt wird, zeigt das Forschungsteam, dass etwa die Zusatzwerkstoffe Niob oder Tantal zwischen nichtrostendem Stahl und NiTi-Draht zu einer fast doppelt so hohen Zugfestigkeit der Materialverbindungen gegenüber der des Strahlschweißens ohne Zusatzwerkstoffe führt. Im Falle der Stapesprothese, deren Schaft aus reinem Titan und das Ankopplungselement aus superelastischem NiTi besteht, konnte die Zugfestigkeit durch das Einschweißen einer dünnen Niob-Folie um mehr als das Dreifache gesteigert werden. „Unsere Forschungsergebnisse bestätigen auch im Hinblick auf die Biokompatibilität, dass mit dem Forschungsvorhaben eine essentielle Basis für die Übertragung auf medizintechnische Bauteile geschaffen wurde“, erläutert Prof. Böhm.

Die Kasseler Wissenschaftler arbeiten im Projekt MeTiWeld mit dem Naturwissenschaftlichen und Medizinischen Institut an der Universität Tübingen / Reutlingen zusammen. Das Forschungsprojekt wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und der Arbeitsgemeinschaft industrieller Fördervereinigungen "Otto von Guericke" e.V. mit rund 400.000 Euro gefördert.

Die Universität Kassel legt einen ihrer Forschungsschwerpunkte auf Molekulare Komponenten und Multifunktionale Materialien. Das Institut für Werkstofftechnik wiederum beschäftigt sich intensiv mit metallischen Werkstoffen. Hierzu werden regelmäßig zukunftsweisende und mit hohen Fördersummen bedachte Projekte als Teil des Forschungsclusters „BiTWerk – Biologische Transformation technischer Werkstoffe“ gestartet.

 

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