08. Oktober 2024 
 
1. Oktober 2022

Innovative Trocknungstechnik

Wasserschäden in der Wohnung durch undichte Wasserrohre oder als Folge von Starkregen und Hochwasser konnten bisher meistens nur durch den Einsatz lärmender und stromfressender Bautrockner behoben werden. Fraunhofer-Forschende haben mit »FastDry«® eine Technik entwickelt, die wesentlich weniger Energie benötigt und mindestens genauso schnell wie herkömmliche Systeme arbeitet. Das Konzept dahinter ist dabei verblüffend einfach.

Foto: FraunhoferFoto: Fraunhofer
Der Aufbau des Trocknungsmoduls: Der Heizdraht ist in unbrennbare Mineralwolle eingebettet. Der entstehende Wasserdampf kann durch das diffussionsoffene Material nach außen entweichen.
Feuchte Wände sind ein massives Problem, denn die Feuchtigkeit beeinträchtigt das Wohnraumklima und begünstigt die Bildung von gesundheitsschädlichem Schimmel. Im schlimmsten Fall kann eine Wohnung oder ein Haus unbewohnbar werden. Nach Angaben des Gesamtverbands der deutschen Versicherer wurden in Deutschland im Jahr 2019 ca. 1,1 Million Wasserschäden gezählt, im Durchschnitt entsteht alle 30 Sekunden ein Leck in einer Wasserleitung. Hinzu kommen Naturereignisse wie Starkregen und Hochwasser, die Kellergeschosse und Wohnungen schwer beschädigen können.

Bautrockner zur Entfeuchtung von Wänden und zur Sanierung von Wasserschäden arbeiten mit Infrarot-Heizstrahlern oder Trockenluftgebläsen, den sogenannten Adsorptionstrocknern. Diese Geräte sind jedoch energieintensiv, Adsorptionstrockner sind zudem sehr laut. Forschende des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik IBP haben nun die innovative Trocknungstechnik »FastDry«® entwickelt. Sie sorgt für eine schnelle Entfeuchtung der Wände oder Decken und ist dabei wesentlich energieeffizienter als herkömmliche Systeme.

Das Trocknungsmodul FastDry® besteht aus einer großen, rechteckigen und beidseitig kaschierten Dämmplatte. Sie wird direkt an der feuchten Wand angebracht und erwärmt die Wand mit einem integrierten Heizdraht. Der entstehende Wasserdampf durchquert die diffusionsoffenen Materialien im Panel und entweicht ungehindert nach außen. Die Wärmeenergie wiederum bleibt durch die Dämmung in der Wand. Das Trocknungsmodul benötigt deshalb nur wenig Strom, um die Temperatur zu halten und der Raum wird nicht unnötig aufgeheizt. Für die Dämmschicht nutzen Projektleiter Andreas Zegowitz, Gruppenleiter Wärmekennwerte, Klimasimulation in der Abteilung Hygrothermik, und sein Team handelsübliche Mineralwolle. Sie ist nicht brennbar und erfüllt daher auch strenge Brandschutzvorschriften.

Besser als Infrarot, leiser als Adsorptionstrockner

FastDry® verbraucht erheblich weniger Strom als vergleichbare Bautrockner und arbeitet zudem deutlich schneller als Adsorptionsgeräte. Auch im Vergleich zu Infrarot-Heizplatten schneidet die Fraunhofer-Technik besser ab. FastDry® benötigt nur etwa 15 Prozent der Energie, die Standard-Infrarotgeräte für den gleichen Vorgang einsetzen. Die Arbeitstemperatur liegt typischerweise bei etwa 55° Celsius. »Wir haben eine Temperatur gewählt, die auch empfindliche Baumaterialien problemlos aushalten. Heiß genug, um das zügige Entweichen der Feuchtigkeit zu bewirken, aber nicht so heiß, dass der Nutzer sich versehentlich die Hand verbrennen könnte«, erläutert Zegowitz. Ein weiterer Vorteil: Da weder Gebläse noch Kompressor im Einsatz sind, arbeiten die FastDry®-Geräte lautlos. Sie können problemlos tagsüber im Büro oder in der Privatwohnung über Nacht laufen.

Das Grundkonzept von FastDry® – Zurückhalten der Wärme in der Wand bei gleichzeitigem Entweichen der Feuchtigkeit – erscheint verblüffend einfach. Das ist auch deshalb gelungen, weil die Expertinnen und Experten des Fraunhofer IBP jahrzehntelange Erfahrung und Know-how in den Bereichen Baumaterialien, Bauphysik, Feuchtigkeitsmanagement und Raumklima einbringen konnten. Prof. Hartwig Künzel, Abteilungsleiter Hygrothermik am Fraunhofer IBP, sagt: »FastDry® war kein Schnellschuss. Wir haben das Konzept über die Jahre hinweg in vielen Versuchsreihen immer weiter entwickelt und optimiert«.

Sensoren messen Oberflächentemperatur der Wand

Doch wie merkt das FastDry®-Modul, dass die Wand trocken ist? Ein Temperatursensor misst kontinuierlich die Oberflächentemperatur. Neben der Temperatur wird die Stromaufnahme des Moduls gemessen. Je mehr Feuchtigkeit die Wand bereits abgegeben hat, desto weniger Energie ist nötig, um die definierte Temperatur zu halten. »Bei gleichbleibender Temperatur und Energieaufnahme beispielsweise über einen Zeitraum von 24 Stunden kann die Wand als trocken angesehen werden. Das FastDry®-Modul wird dann ferngesteuert abgeschaltet oder manuell vom Netz getrennt. Anschließend kann es von der Wand genommen werden«, erklärt Zegowitz. Das verhindert, dass ein Modul weiterläuft und Energie verbraucht, obwohl die Wand längst trocken ist.

Die Technik ist marktreif und bereit zur Serienproduktion. Die CE-Kennzeichnung der Module des Lizenznehmers liegt ebenfalls vor. Zielgruppe sind zunächst einmal professionelle Dienstleister im Bereich Bautrocknung oder Gebäudesanierung. Auch für die Versicherer sind das gute Nachrichten, denn sie müssen oftmals für die Kosten der Entfeuchtung von Wänden bei Wasserschäden aufkommen, die durch die schnelle Trocknung und den niedrigen Energieverbrauch spürbar sinken.

Bautrocknung beim Rohbau und nach Hochwasser

FastDry® eignet sich nicht nur für die Sanierung von Wasserschäden in Wohnungen. »Die Module können überall da eingesetzt werden, wo es um das Entfeuchten von Flächen geht, etwa beim Rohbau oder auch bei der Sanierung historischer Gebäude. Durch die befürchtete Zunahme an Starkregenereignissen wird auch der Bedarf für effiziente Trocknungstechnik steigen«, erklärt Künzel. Im nächsten Schritt arbeiten die Expertinnen und Experten des Fraunhofer IBP daran, die FastDry®-Module flexibel und formbar zu gestalten. Damit ließen sich beispielsweise Säulen oder Holzbalken für den Trocknungsvorgang umwickeln.






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