ISM 2020

•••3••• Messewelten Interview „Biokunststoffe können Alternative sein“ DIEMESSE im Gespräch mit Stiftungsprofessorin Dr. Victoria Krauter, FH Wien Was macht Ihrer Meinung nach eine nachhaltige Verpackung ei- gentlich aus und welche Rolle spielen dabei Biokunststoffe? Um eine optimale Verpackung zu gestalten beziehungsweise zu wählen, ist es essenziell das zu verpackende Produkt und des- sen Anforderungen – wie zum Beispiel den Mechanismus des Verderbs – genau zu kennen und den gesamten Lebenszyklus des Produkt-Verpackungs-System zu betrachten. Infolgedessen kön- nen die vier Eckpunkte nach- haltiger Verpackungen, nämlich Effektivität, Effi- zienz, Kreislauffähigkeit und Sicherheit, adressiert werden. Nur wenn diese ausbalanciert behandelt werden und zudem neben ökologischen auch ökono- mische und soziale Fakto- ren berücksichtigt werden, können nachhaltige Lösun- gen erzielt werden. Je nach Anwendungsfall kann der Einsatz von Biokunststof- fen ratsam sein, es sollte jedoch vermieden werden, den Begriff Biokunststoff per se mit Nachhal- tigkeit gleichzusetzen. Aufgrund der hohen Anzahl an Einflussfak- toren bedarf es daher einer Le- benszyklusanalyse, um fundierte Aussagen treffen zu können. Was ist der Unterschied zwischen biobasierten und bioabbaubaren Kunststoffen? Der Begriff „Biokunststoffe“ beschreibt Materialien, welche biobasiert, bioabbaubar oder beides sind. „Biobasiert“ bezieht sich dabei auf eine nachwachsen- de Rohstoffquelle, welche den Kunststoffen zugrunde liegt, und „bioabbaubar“ auf die Mög- lichkeit des Abbaus der Materia- lien unter entsprechenden Um- weltbedingungen. Je nachdem, um welche Bedingungen es sich dabei genau handelt, kann im Detail zwischen Abbaubarkeit, Bioabbaubarkeit und (Heim-) Kompostierbarkeit unterschie- den werden. Beispiele für die drei Hauptgruppen der Biokunststof- fe sind biobasierte, aber nicht ab- baubare (zum Beispiel Bio-PET), biobasierte und bioabbaubare (beispielsweise Polymilchsäure (PLA), thermoplastische Stärke (TPS)) sowie petrobasierte und bioabbaubare (wie etwa PBAT) Kunststoffe. Sieht der Verbraucher es der Ver- packung an, dass sie aus Biokunst- stoff gefertigt wurde? Gibt es eine Norm für die Kennzeichnung? Das äußere Erscheinungsbild ei- nes Kunststoffs lässt keine Rück- schlüsse darauf zu, ob es sich um einen Biokunststoff handelt oder nicht. Eine eindeutige Kommunikation, um wel- chen Kunststoff es sich han- delt, ist daher unbedingt notwendig. Grundlage für diese Kommunikation bil- den diverse Standards, Deklarierungen und Zerti- fizierungen, welche in der Vergangenheit etabliert worden sind. Was sind die deutlichen Vorteile der Biokunststoffe gegenüber herkömmlichen Materialien? Gibt es auch Nachteile? Wie andere Werkstoffe auch weisen Biokunststoffe di- verse Vor- und Nachteile auf. Als mögliche Vorteile werden unter anderem die Reduktion der Ab- hängigkeit von fossilen Ressour- cen, die Reduktion der Treibh- ausgasemissionen, die effiziente Nutzung nachwachsender Res- sourcen, die Reduktion der Um- weltverschmutzung und die Bio- abbaubarkeit beziehungsweise Kompostierung genannt. Demgegenüber stehen Heraus- forderungen in den Bereichen Rohstoffgewinnung, Sammlung, Sortierung, Verwertung und Re- cycling. Auch das Thema des Litterings wird durch Biokunst- stoffe nicht adressiert. Wie ein- gangs schon erwähnt, können Biokunststoffe nicht mit Nach- haltigkeit gleichgesetzt werden und aufgrund der hohen Anzahl an Einflussfaktoren bedarf es einer Lebenszyklusanalyse, um fundierte Aussagen für ein spe- zifisches Produkt-Verpackungs- System treffen zu können. Welche Rolle spielen Biokunst- stoffe aktuell auf dem Markt und ist ihr Einsatz für das Verpacken von Süßigkeiten und Snacks mög- lich? Heute spielen Biokunststoffe eine untergeordnete, jedoch wachsende Rolle am Kunststoff- markt. Die weitere Entwicklung wird durch diverse Faktoren be- einflusst sein. Dazu zählen unter anderem ökologische und öko- nomische Faktoren, jedoch auch rechtliche Rahmenbedingungen, Akzeptanz und Anwendungs- tauglichkeit. Prinzipiell können Biokunststof- fe gut in der Verpackung von Le- bensmitteln eingesetzt werden. Das Anwendungsgebiet hängt dabei jedoch stark von den jewei- ligen Materialeigenschaften ab. In Bezug auf Süßwaren können mitunter biobasierte und nicht abbaubare Kunststoffe (zum Beispiel Bio-PET) wie ihre petro- basierten Pendants eingesetzt werden. Der biobasierte und bio- abbaubare Kunststoff PLA eignet sich zudem zum Verpacken von Backwaren und Snacks, Zellulo- sederivate hingegen zum Verpa- cken von Süßwaren (zum Beispiel Bonbons). Das Thema Nachhaltigkeit ist brandaktuell und in diesem Zusammenhang wird die Not- wendigkeit von Verpackungen grundsätzlich hinterfragt. Ver- packungproduzierende und -anwendende Unternehmen sind zunehmendem Druck aus- gesetzt, Materialien zu optimie- ren, zu reduzieren oder durch ökologisch nachhaltige zu er- setzen. Sind Verpackungen aus Biokunststoffen hier eine Lö- sung? DIE MESSE sprach da- rüber mit Dr. Victoria Krauter, Leiterin Kompetenzzentrum für Sustainable and Future Ori- ented Packaging Solutions und Stiftungsprofessorin Nachhal- tige und zukunftsorientierte Verpackungen an der FH Cam- pus Wien, Fachbereich Verpa- ckungs- und Ressourcenmana- gement. Gut analysieren Dr. Victoria Krauter Foto: FH Campus Wien How can fat, sugar, salt and protein be reduced? Special event “Ingredients – Reformulation for Sweets and Snacks” and tasting zone with show cooking Food reformulation is more top- ical than ever. Reductions of fat, sugar and salt are in vogue, as is the interest in alternatives to animal products or protein enrichment. However, changing a recipe component affects the properties of the product. Solu- tions are required to provide the customer with sensory qual- ity, texture and taste. Therefore Koelnmesse is pre- senting in collaboration with the DLG the special event “In- gredients – Reformulation for Sweets and Snacks”, which is an important source of inspira- tion for product developers. In live shows experts will find an- swers to the questions: What are possible opportunities and alternatives? Where are the limits of reformulation and re- duction? What is important to know in handling with new in- gredients? A highlight will be the Guided Tours with the main focus on “Reformulation”. The Guided Tours include a visit to the special display and exhibi- tion stands, where interesting insights into the topic are con- veyed and experts are available for inquiries. The Ingredients Special Event takes place in hall 10.1, booth No. C40. Part of the special event is the tasting zone, where visitors can try live confectionery and snack prod- ucts with alternative recipes compared to traditional ones. Renowned experts like TV Food expert Sebastian Lege will an- swer all questions and clearly explain the manufacturing pro- cesses at the interactive area with show cooking. Food reformulation is one Trend. Photo Koelnmesse / Fuji

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