iba 2018

•••3••• Interview Faszinierend einfach und immer wieder neu DIEMESSE im Gespräch mit Dr. Isabel Greschat, Direktorin des Museums der Brotkultur Ulm Frau Dr. Greschat, das Museum der Brotkultur in Ulm ist auf der Mes- se iba in Halle B3, Stand 340 zu fin- den. Was macht ein Museum auf einer Handwerksmesse? Der Dreh- und Angelpunkt unseres Museums ist das Brot, das wir in Geschichte und Gegenwart betrachten. Dazu gehört natürlich auch der Kontakt zur Bäckerbran- che und dem, was sich hier aktuell tut. Vor allem aber möchten wir die Branche für die spannenden Zusam- menhänge zwischen Brot und Gesellschaft interessie- ren. Es ist doch unglaublich, dass und wie stark Getrei- de und Brot unsere Gesell- schaft mit geformt haben. Und dass die Frage, wie die wachsende Weltbevölke- rung sich künftig ernährt, eben auch eine Schlüsselfrage der Zukunft ist. Auf der iba finden Fachbesucher die Innovationen des 21. Jahrhun- derts zu Produktionstechnik so- wie Rohstoffen und Zutaten für die Brotherstellung. In Ihrem Mu- seum ist ein Themenschwerpunkt der Geschichte der Brotherstellung gewidmet. Was hat sich verändert in der Herstellung, seit die Ägypter vor 6000 Jahren das erste Brot ge- backen haben sollen? Brot ist auf der einen Seite faszinierend einfach und in den Grundzügen immer gleich: Man braucht Mehl, Wasser, eventuell Salz, und Feuer. Hefe kommt im Zwei- felsfall aus der Luft. Ge- ändert haben sich die Pro- duktionsprozesse, also die Arbeit und die Organisation von Arbeit, und zwar immer wieder und in jeder Gesell- schaft anders. Die Ägypter haben das Korn von Hand zwischen Steinen gemahlen, das war sehr auf- wendig, und es gab für die Zähne scheußliche Stein- splitter im Brot. Dennoch haben auch die Ägypter massenhaft Brot produziert, beim Bau der Pyramiden mussten Tausende von Arbeitern mit Brot versorgt werden. Heute haben wir High- tech-Walzenmühlen, globalen Handel, Gentechnik, Backshops, Konkurrenz und künstliche Intelli- genz. Ganz entscheidend hat sich natürlich die Landwirtschaft ver- ändert. In allen Arbeitsbereichen haben Wissenschaft und Tech- nik, aber auch geregelte Arbeits- zeiten und Arbeitsschutz Einzug gehalten. Dadurch hat sich auch das Produkt Brot verändert, es ist sicher durch den Einsatz von Ma- schinen schmackhafter und ge- sünder geworden. Andererseits hat es diese Alleinstellung als das Hauptnahrungsmittel nicht mehr. Das sollte man aber nicht negativ bewerten, denn wir können uns heute so vielseitig und gut ernäh- ren wie noch nie. Getreide und Brot haben unse- re Gesellschaft entscheidend mitgeprägt, sagt Dr. Isabel Gre- schat, Leiterin des Museums der Brotkultur in Ulm. Stichwort: die deutsche Brotvielfalt, der Kult ums Schwarzbrot, die Tra- dition des Abendbrotes, aber auch nach Missernten der Hun- ger. Brot hat nicht nur eine glor- reiche Geschichte hinter sich, sondern auch eine vielverspre- chende Zukunft vor sich. Dieses „faszinierend einfache“ Back- werk hat genug Potenzial für neue Kreationen. Im Gespräch mit DIEMESSE gibt Dr. Isabel Greschat einen Vorgeschmack. Brot und Hunger Dr. Isabel Greschat, Direktorin des Museums der Brotkultur Ulm Foto: Bernhard Friese, Pforzheim Fortsetzung auf Seite 4

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