SPS 2021

•••3••• Innovationen Lernverfahren im industriellen Einsatz Fraunhofer-Außenstelle KI-noW reduziert die Standzeit von Werkzeugen K ünstliche Intelligenz (KI) für ei- ne nachhalt ig opt imier te Wertschöpfung, kurz „KI-noW“, ist die jüngste Außenstelle des Fraunhofer-Instituts für Produkti- onstechnik und Automatisierung IPA mit Hauptsitz in Stuttgart. Trotz der Corona-Pandemie kann sie auf ein ereignisreiches Jahr zurückblicken, in dem der Ein- satz von KI für das produzierende Gewerbe vor Ort praxisnah er- forscht wurde. „Mi t unserer Außenstel le in Schweinfurt bieten wir sowohl produzierenden Unternehmen und Dienstleistern als auch Stu- dierenden und Interessierten aus der Region die Möglichkeit, mit uns in Kontakt zu treten, um sich über neueste technische Ansät- ze auszutauschen. Zwar mussten wir wegen der Corona-Pandemie noch mit angezogener Handbrem- se starten, konnten jedoch wert- volle Kontakte knüpfen und wich- tige Projekte aufsetzen“, so die erste Bilanz von Professor Frank Döpper, der die Außenstelle KI- noW und darüber hinaus auch die Fraunhofer-Projektgruppe Pro- zessinnovation in Bayreuth ver- antwortet. Für Christoph Hoffmann, Projekt- leiter der Außenstelle KI-noW, ist der Anfang gemacht: „In diesem ersten Jahr seit dem Start im Ok- tober 2020 haben wir untersucht, welche Prozesse KI bestmöglich unterstützen kann und welche Herausforderungen bei der Um- setzung damit verbunden sind. Allen voran muss die Vernet- zung der Produktion intensiviert werden, um mehr Daten für KI- Anwendungen bereitstellen und dem Menschen gewinnbringen- de Informationen und Entschei- dungsunterstützungen an die Hand geben zu können. Damit rü- cken Mensch und Maschine noch näher zusammen.“ Beispielsweise arbeiten Hof f- mann und sein Team im Rahmen von Fallstudien gemeinsam mit Unternehmen an Lösungen, die den Menschen bei der täglichen Arbeit unterstützen sollen. Diese Einzelfallstudien reichen von der Montage über die CNC-Bearbei- tung bis hin zur Datenanalyse von vollautomatisierten Prozessen. „Gerade dieses breite Spektrum an Anwendungsbereichen macht den Einsatz von KI so interes- sant“, so Hoffmanns Eindruck. Datenerfassung in der spanenden Fertigung Eine dieser Fallstudien, die ge- meinsam mit dem Automobil- zulieferer Brose erstellt wurde, beschäftigt sich mit der Anoma- lie-Detektion an Werkzeugma- schinen. Ziel ist es, die Standzeit von Werkzeugen in der CNC-Zer- spanung zu optimieren. Das Pro- blem: Ein zu früh durchgeführter Werkzeugwechsel führt zu erhöh- ten Kosten. Ein zu spät durchgeführter Wech- sel kann Ausschuss verursachen und zu ungeplanten Stillstands- zeiten führen. Die Lösung: Zur Ermittlung von Signalmustern, die auf einen Werkzeugverschleiß hindeuteten, wurde eine Anlage mit verschiedenen Sensoren ver- netzt, die Daten sammeln. Auf dieser Datengrundlage konnte anschließend eine umfassende Analyse mittels maschineller Lern- verfahren aufgebaut werden. Sie ermöglicht, geeignete Modelle zur Detektion von Werkzeugver- schleiß zu trainieren und damit ei- nen kritischen Werkzeugzustand frühzeitig zu erkennen und Kos- ten zu sparen. „Die Zusammenarbeit in der Fall- studie basiert auf einem offenen und regelmäßigen Austausch, um das jeweilige Domänenwissen al- ler Beteiligten bestmöglich einzu- bringen. Die enge Abstimmung mit Brose sowie dem Hersteller der CNC-gesteuer ten Bearbei - tungszentren waren wichtig für die richtige Platzierung der aus- gewählten Sensoren des Fraun- hofer IPA. Die Vermessung der Fräswerkzeuge durch den Werk- zeughersteller liefert Informatio- nen bezüglich des Werkzeugver- schleißes. Diese Informationen werden den aufgezeichneten Sensorsignalen gegenüberge- stellt und mittels Maschinellem Lernen von unseren Experten analysiert. Vorerst ist nicht ge- plant, im Rahmen der Fallstudie die Überwachung des Werkzeug- verschleißes für den Dauerein- satz prototypisch umzusetzen. Das wäre im Nachgang jedoch der nächste logische Schr itt“, fasst Chr istoph Hoffmann die Projektarbeit zusammen. Regionales KI-Netzwerk im Auf- bau Neben der direkten Projektar- beit mit regionalen Unterneh- men pflegt die Außenstelle KI- noW auch intensiven Austausch mit wirtschaftsnahen und wis- senschaftlichen Institutionen. „Die maßgebende Unterstüt- zung der Stadt Schweinfurt so- wie der Austausch mit der IHK Würzburg-Schweinfurt und der Regiopolregion Mainfranken ha- ben die ersten Weichen gestellt. Unter anderem haben wir seitens der Universität Bayreuth mit der Hochschule Würzburg-Schwein- furt (FHWS) ein gemeinsames Projekt begonnen“, ber ichtet Frank Döpper. Aus seiner Sicht ist das Ganze kein Selbstläufer. Unternehmen und Institute wol- len überzeugt werden. Dafür braucht es neben der fachlichen Kompetenz vor allem Fingerspit- zengefühl und passende Antwor- ten auf Fragen, die im Produkti- onsumfeld alles andere als trivial sind. Dass nach einem Jahr Fraunho- fer-Außenstelle in Schweinfurt die Arbeit nicht ausgeht, zeigt deutlich: Das Digitalisierungs- interesse der Industrie ist un- gebrochen. Die Nachfrage für KI-Anwendungen steigt. In Vor- bereitung ist aktuell ein weite- res Projekt mit der FHWS und KI-noW. Im Kern soll es darum gehen, wie Künstliche Intelligenz Mitarbeitende produzierender Unternehmen unterstützen und damit das „Domänendenken“ der einzelnen Produktionsberei- che aufgebrochen werden kann. Ziel soll es sein, ein wandlungs- fähiges Assistenzsystem für ei- ne übergeordnet- opt imier te Produktionssteuerung zu entwi- ckeln. Das Zauberwort lautet hier „Menschzentrierte KI“. Einrichtung des Messprogramms für die temporäre sensorische Nachvernetzung eines CNC- gesteuerten Fräsbearbeitungszentrums Foto: Fraunhofer IPA / Außenstelle KI-noW Ausgewählte und vermessene Fräswerkzeuge für die Verschleißerkennung in der KI-noW-Fallstudie Foto: Fraunhofer IPA/Außenstelle KI-noW

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