Medica 2018

•••3••• Interview Plasma-Therapie gegen Hautkrebs DIEMESSE im Gespräch mit Dr. Sander Bekeschus, Immunologe am INP in Greifswald Herr Dr. Bekeschus, um die Be- handlung von Hautkrebs zu ver- bessern, arbeiten Sie an neuen innovativen Therapieformen. Wa- rum ist das notwendig? Auch wenn es in den letzten Jah- ren erheblichen Fortschritt in der Behandlung von Hautkrebs gab, sprechen nach wie vor viele Pa- tienten nicht oder unzureichend auf eine Tumortherapie an. Für diese Menschen suchen wir nach zusätzlichen Ansätzen, von denen sie profitieren könnten. In der Forschergruppe „Plasma- Redox-Effekte“ haben Sie bereits vielverspechende Ergebnisse bei der Inaktivierung von Tumorzellen durch Plasma erzielt. Was ist Ihnen dabei gelungen? Neben der Inaktivierung von Tu- morzellen durch Behandlung mit physikalischem Plasma konnten wir verstärkt immunrelevante Eigen- schaften in diesen Zellen beobach- ten. Jetzt gibt es erste Hinweise, dass die Plasmabehandlung Antitumor-Immunantworten auslösen könnten. Für die Entdeckung der Verstärkung solcher Immunantworten in Krebspatienten nach Gabe von Immuntherapien wurde dieses Jahr der Medizin-No- belpreis verliehen. Wir sind überzeugt, dass eine lokal beispielsweise durch Plas- ma ausgelöste Antitumor- Immunantwort sich auch gegen im Körper befindliche Metastasen richten könnte. Diese verstreuten Satelliten- Tumore sind für 90 Prozent der Todesfälle an Krebs ver- antwortlich. Das Verfahren wollen Sie weiter optimieren. Welche Schrit- te stehen nun an? Wir möchten mit tierexperimen- tellen Modellen zunächst weiter die Bedeutung einzelner Immun- zellarten hinsichtlich deren Wahr- nehmung und deren Eliminierung der Tumorzellen erforschen. Tier- modelle sind in der Tumor- immunologie unabdingbar, da Tiere ein intaktes Im- munsystem aufweisen und dessen Wirkung im Tumor- geschehen verfolgt werden kann; ein Prozess, der sich im Labor nicht direkt nach- stellen lässt. Ein weiterer Schritt ist die Kombination von physikalischem Plasma mit gängigen Therapien, beispielsweise Immunthe- rapien oder Strahlenthera- pien. Am Ende möchten wir wissen, ob Plasma einen zu- sätzlichen Nutzen zu bereits vorhandenen Therapiekon- zepten haben kann. Bei dem Forschungsprojekt ONKOTHER-H kooperieren Sie mit der Universität Rostock. Welche zusätzlichen Möglichkeiten bietet diese Zusammenarbeit? ONKOTHER-H ist ein exzellentes Konsortium, geführt vom Leiter der Rostocker Hautklinik, Herrn Prof. Steffen Emmert. Es vereint Expertisen verschiedenster Fach- disziplinen, wie beispielsweise Chemiker, Pharmakologen, Zell- biologen, Chirurgen und Kollegen aus der Wissenschaftsethik. Im Fokus steht die Erforschung des therapeutischen Nutzens einer innovativen Hautkrebstherapie, bestehend aus neuartigen nie- dermolekularen Verbindungen zusammen mit physikalischem Plasma. Dabei ist es vor allem die interdisziplinäre Ausrichtung des Verbundes in Rostock und Greifs- wald, welche wichtige Erkennt- nisse für die Hautkrebstherapie erwarten lässt. Weltweit ausge- wiesen ist zudem das Institut für experimentelle Chirurgie unter Leitung von Frau Prof. Brigitte Vollmar. Ideale und artgerechte Zucht- und Haltungsbedingungen für Nagetiermodelle sowie mo- dernste Möglichkeiten der Me- dizin wie beispielsweise CT- oder MRT-Scanner suchen ihresglei- chen nicht nur in Greifswald. Inwiefern könnte sich das neue Verfahren auch für die Behand- lung anderer bösartiger Tumorar- ten anbieten? Um die Behandlung von Haut- krebs noch weiter zu verbessern, arbeitet die Forschung an neuen innovativen Therapieformen. „Wir sind überzeugt, dass eine lokal beispielsweise durch Plas- ma ausgelöste Antitumor-Im- munantwort sich auch gegen im Körper befindliche Metastasen richten könnte“, betont Dr. San- der Bekeschus, Immunologe am Leibniz-Institut für Plasmafor- schung und Technologie (INP), im Gespräch mit DIEMESSE . Interdisziplinäre Ausrichtung Dr. Sander Bekeschus, Leiter der Forschergruppe „Plasma-Redox- Effekte“, Zentrum für Innovati- onskompetenz (ZIK) plasmatis, Leibniz-Institut für Plasmafor- schung und Technologie (INP) Foto: INP Immunzellen, sogenannte Dendritische Zellen (grün), im Tumorgeschehen, angelockt von immunaktivierenden Proteinen (Calreticulin, rot), welche die Tumorzellen nach Behandlung mit physikalischem Plasma freisetzen. Im Tiermodell reduzierte die Plasmabehandlung die Tumormasse. Blau = Kerne aller Zellen im Gewebeschnitt. Foto: INP Fortsetzung auf Seite 6

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