interpack 2023

•••8••• Branchennews Ökologischer Vorteil massiv unterschätzt Repräsentative Umfrage zum Thema Recycling und Mehrweg Das Deutsche Verpackungsins‐ titut e. V. (dvi) hat die Men‐ schen in Deutschland im März 2023 in einer repräsentativen Um‐ frage zu ihren Präferenzen im Um‐ gang mit gebrauchten Verpackun‐ gen, zum Thema Mehrweg und zu ihrer Einschätzung des Umwelt‐ fußabdrucks von Verpackungen im Vergleich zum verpackten Pro‐ dukt befragt. Hintergrund Zum Hintergrund der repräsentati‐ ven Befragung erklärt Kim Cheng, Geschäftsführerin des dvi: „Die Verpackungswirtschaft steht im Spannungsfeld von Umwelt‐ und Produktschutz. Beide Anforderun‐ gen sind elementar und lassen sich nicht gegeneinander ausspielen. Denn Verpackungen sind zentral für die Versorgung von Menschen und Unternehmen mit allen Waren des täglichen Bedarfs und sie sind zentral für den Klima‐ und Umwelt‐ schutz sowie die Schonung wich‐ tiger Ressourcen. Gerade weil wir nicht auf Verpackungen verzichten können, müssen wir besonders achtsam und bewusst damit um‐ gehen. In den Unternehmen der Verpackungswirtschaft läuft der Umstieg auf regenerative Energien bei Produktion und Transport, der zunehmende Einsatz nachhaltiger Rohstoffe sowie die Entwicklung neuer Designs für stetig sinken‐ den Materialbedarf und eine hun‐ dertprozentige Recyclingfähigkeit schon seit einigen Jahren auf vollen Touren. Vor diesem Hintergrund wollten wir wissen, wie die Men‐ schen in Deutschland zu dem The‐ ma stehen. Denn Klima‐ und Um‐ weltschutz ist gerade in Bezug auf Verpackungen Teamarbeit. Fort‐ schritte erreichen wir nur imMitei‐ nander, nicht imGegeneinander.“ Umgangmit gebrauchten Verpackungen Auf die Frage, wie man mit Verpa‐ ckungen nach Gebrauch umgehen solle, votieren 76,0 Prozent der Menschen für eine stoffliche Wie‐ derverwertung im Rahmen des Recyclings. 49,9 Prozent sprechen sich dafür aus, Verpackungen nach Gebrauch möglichst neu zu befül‐ len und mehrfach zu nutzen. 24,1 Prozent begrüßen die Kompostie‐ rung als Weg zur Entsorgung von Verpackungen. 15,1 Prozent setzen auch auf eine Verbrennung zum Zweck der Energiegewinnung. Für die Deponierung beziehungsweise das Vergraben an Land votieren le‐ diglich 2,3 Prozent. Für Kim Cheng zeigt das Ergebnis, dass „die Mehrheit der Bürgerin‐ nen und Bürger imUmgang mit ge‐ brauchten Verpackungen auf Kreis‐ laufwirtschaft, Recycling und den Erhalt wertvoller Sekundärrohstof‐ fe setzt. Die hohe Zustimmungs‐ quote für Mehrweg undWiederbe‐ füllung ist dabei kein Widerspruch. Denn auchMehrwegverpackungen sollten am Ende ihres Lebenszyklus stofflich wiederverwertet und zu neuen Verpackungen werden. Die Unternehmen der Branche arbei‐ ten mit großem Erfolg und vielen Innovationen an immer materialef‐ fizienteren und recycelbaren Verpa‐ ckungen. Allein bei den Packstoffen Papier, Pappe, Karton, Glas, Metall und Kunststoff konnte die Bran‐ che seit 1991 rund 23 Millionen Ton‐ nen Material durch leichtere Ver‐ packungen einsparen. Neben der Vermeidung und Verringerung des Verpackungsaufwands steht die Kreislauffähigkeit der Verpackung auch für die Branche ganz oben auf der Liste. Problematisch ist, dass die EU‐ Kommission in ihrem Vorschlag für die neue EUVerpackungsverord‐ nung Ende letzten Jahres zwar vor‐ schreibt, dass alle Verpackungen bis 2030 recyclingfähig oder wie‐ derverwendbar sein müssen, aber nicht die konkreten Designanforde‐ rungen zur Recyclingfähigkeit fest‐ legt. Dafür sind sogenannte „dele‐ gated acts“ vorgesehen. Jedoch ist weder ein Zeitrahmen vorgegeben, wann diese verabschiedet werden, noch ist klar, ob sie sich an den über Jahren entwickelten Design for Recycling - Richtlinien der europäi‐ schen Verpackungsindustrie orien‐ tieren. Die Unternehmen müssen viel Geld in neue, nachhaltige Ver‐ packungslösungen investieren. Die Mindestvoraussetzung wäre Pla‐ nungssicherheit. Doch die ist nicht gegeben.“ Akzeptanz für Mehrweg – aber es gibt Bedingungen Sowohl die Europäische Union als auch die deutsche Politik will den Anteil von Mehrwegverpackungen deutlich erhöhen. Auf die Frage, ob die Menschen grundsätzlich bereit sind, mehr Verpackungen als bis‐ her nach Gebrauch für eine erneu‐ te Verwendung zurückzugeben, antwortet eine Mehrheit von 60,6 Prozent mit Ja. 19,3 Prozent möch‐ ten keine weiterenMehrwegverpa‐ ckungen. 20,0 Prozent wollen oder können sich zu der Frage aktuell nicht äußern. Auf die Frage, welche Aspekte den Menschen beim Thema Mehrweg besonders wichtig sind, rangiert die Rückgabe an möglichst vielen Orten unabhängig vom Ort des Kaufs mit 71,7 Prozent an erster Stelle. Für 64,2 Prozent zählt, dass die Produkte durch Mehrwegver‐ packungen nicht teurer werden dürfen. 49,7 Prozent betonen die Notwendigkeit einer problemlosen und schnellen Rückgabe. 35,6 Pro‐ zent fordern, dass die gebrauchten Verpackungen vor der Rückgabe nicht gereinigt oder gespült wer‐ denmüssen. Nach Ansicht von Kim Cheng „ver‐ dient die grundsätzliche Bereit‐ schaft der Menschen, selber aktiv zu werden und mehr Verpackun‐ gen als bisher nach Gebrauch zu‐ rückzugeben Respekt. Die Branche reagiert darauf und führt schon seit einiger Zeit verstärkt Mehr‐ weg- und Nachfüllverpackungen ein. Klar ist aber auch, dass Mehr‐ weg in der Praxis nur funktionieren kann, wenn es in den Alltag und die Lebenswirklichkeit der Menschen passt. Eine möglichst flexible und problemlose Rückgabe steht dabei nicht zufällig an erster Stelle. Lan‐ ge Fahrten oder große Zeitverluste nehmen Mehrwegverpackungen nicht nur die Praxistauglichkeit, sondern beeinträchtigen auch die ökologischen Vorteile. Das gilt grundsätzlich, denn Mehrwegsys‐ teme benötigen genau wie Elekt‐ romobilität eine flächendeckende Infrastruktur. Mehrweg ist nur dann die ökolo‐ gisch bessere Wahl, wenn die Auf‐ wände für Transport, Reinigung, Desinfizierung und Neubefüllung tatsächlich geringer sind, als beim Einsatz von Einwegverpackungen, die nach Gebrauch ins Recycling gehen. Hier plädieren wir für ei‐ nen objektiven Blick und im besten Fall konkreten Ökobilanzen. Wenn Mehrweg nur aus ideologischen Gründen durchgesetzt wird, hilft das am Ende weder den Verbrau‐ cherinnen und Verbrauchern, noch Klima und Umwelt.“ Auf die Frage, ob die Verpackung oder das verpackte Produkt die größere Auswirkung auf Umwelt und Klima durch CO2‐Emissionen so‐ wie Verbrauch von Wasser, Energie und Rohstoffen hat, nennen 50,5 Prozent der Bürgerinnen und Bür‐ ger die Verpackung. 28,8 Prozent nennen das verpackte Produkt. 20,7 Prozent können die Frage nach eigener Einschätzung nicht beurtei‐ len. Das Ergebnis der Umfrage zeigt nach Ansicht von Kim Cheng, „dass viele Menschen die Umweltbelas‐ tungen durch das Produkt massiv unterschätzen und die Belastun‐ gen durch die Verpackung entspre‐ chendmassiv überschätzen. Was in unseren Augen fast noch frappie‐ render ist: Viele Menschen unter‐ schätzen dadurch auch die ökologi‐ schen Vorteile von Verpackungen! Denn der wirkliche ökologische Schaden entsteht vor allem dann, wenn das Lebensmittel Schaden nimmt oder verdirbt. Dann gehen alle Ressourcen und Aufwände, die wir hineingesteckt haben, sinn‐ los verloren. Die Verpackung sorgt mit einem vergleichsweise mini‐ malen Aufwand dafür, dass genau das nicht passiert. Natürlich gibt es auch die Verpackung nicht um‐ sonst. Aber es gibt gute Gründe, für Verpackungen. Die Verpackung ist kein Selbstzweck. Das sollten wir nie vergessen. Wir sehen die Branche in der Verantwortung, die‐ ses Prinzip von „kleiner Aufwand – große Wirkung“ noch viel besser deutlich zu machen. Denn die exis‐ tierende Wissenslücke ist fatal. Sie verschleiert die wirklichen Hebel, diewir imSinne von Klima‐ undUm‐ weltschutz anwendenmüssen.“ 76,0 Prozent der Befragten sind für eine Wiederverwertung in Form von Recycling Foto: Pixabay

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