EuroCIS 2018

•••3••• Interview Erlebnis im Laden durch nichts zu ersetzen DIEMESSE im Gespräch mit Dr. Wolfram Krause, Geschäftsführer des dlv Herr Dr. Krause, wird es in 20 Jah- ren noch Offline-Läden geben? Davon bin ich überzeugt. Die In- dividualisierung der Gesellschaft geht seit den 60er Jahren voran, dadurch zerfallen traditionelle Ge- meinschaften. Mehr als ein Drittel der Haushalte in Deutschland sind Singlehaushalte, Tendenz stei- gend. Der Laden hat eine Chan- ce als sozialer Treffpunkt. Social Shopping wird wichtiger als Lo- nely Shopping, sagt das Trend- forschungsinstitut GDI (Gottlieb Duttweiler Institut) in seiner Stu- die „Shopping and the city 2020“. Im Vordergrund stehen der Erfah- rungsaustausch mit dem Verkäu- fer oder anderen Kunden, die Un- terhaltung, das Erlebnis im Store, der Kontakt mit anderen. Und: Im Jahr 2050 werden nach einer Studie der UN zwei von drei Menschen weltweit in Städten leben. Die Stadt erlebt eine Renaissance als Lebens- und Kulturform. Insbesondere die Innenstadt wird in der Regel durch herausragende Bauten, charakteristische Plätze und aber vor allem den Handel geprägt. Fuß- gängerzonen sind da, wo das Stadtzentrum (oder das Stadtteilzentrum) liegt. Der Retail prägt das Bild des Zentrums, ist Basis für ein vielfältiges öffentliches Leben. Flagshipstores mit spektakulärer Architektur gehören vielerorts zum neuen Bild der Städte und gelten nicht selten als Touristen- attraktion. Prada hat in Tokio mit Herzog & de Meuron, den Archi- tekten der Elbphilharmonie in Hamburg, einen neuen großarti- gen Flagshipstore gebaut. Diese Läden bereichern die Städte auch noch in 20 Jahren. Im Mittelpunkt auf der EuroCIS stehen Augmented Reality (AR) und Virtual Reality (VR), mit deren Hilfe die Kunden durch virtuelle Warenwelten geführt werden kön- nen. Welche Möglichkeiten für den Handel bieten diese Technologien? Diese Technologien sind dann sinnvoll, wenn sie dem Kunden Unterstützung beim Einkauf im Store bringen. Digitale Spielerei- en mögen kurzfristig begeistern, bieten aber langfristig keinen Nutzen. Aktuell sehen Sie am POS noch nicht viel Technologie im Einsatz, das wird sich aber in den kommenden Jahren ändern. Die Digitalisierung des POS bietet die Chance, online und offline besser zu verzahnen und dem Kunden im Laden sehr viel mehr Infor- mationen, zum Beispiel über das Produkt oder die Anwendung, zu geben. Jeder Retailer muss aber für sich selbst definieren, wie er künftig diese Technologien in sei- nem Bereich sinnvoll einsetzen will. Das klingt einfach, ist aber für viele offenbar schwierig umzu- setzen. Denn einfach mal kaufen, was der Wettbewerb auch ange- schafft hat, das geht nicht mehr. Die tiefe Kenntnis der Zielgrup- pe und des Portfolios sowie der kompetente Überblick über die vorhandenen technischen Tools und die Notwendigkeit für den ei- genen Store sind unabdingbar. Der dlv – Netzwerk Ladenbau e. V. ist auf der EuroCIS in Halle 9 / F01 zu finden. Welche Schwerpunkte setzen Sie in Düsseldorf? Die klassische Messe der Ladenbauer ist die Euro- Shop. An diesem alle drei Jahre stattfindenden welt- weit wichtigsten Branchen- event hat der dlv mit einem 1 400 Quadratmeter großen Stand teilgenommen. Auf der EuroCIS stellt der dlv traditionell mit einem Infor- mationsstand aus und prä- sentiert das Netzwerk und die Mitgliedsunternehmen. Der stationäre Handel lebt immer noch – trotz boomen- den Online-Handels –, hat aber schwer zu kämpfen. Wie kann der Laden sich auch in Zukunft in Szene setzen, um mit E- Commerce mitzuhalten und Käufer ins Geschäft zu locken? „Geschäfte sind Mittelalter. Sie wurden nur gebaut, weil es kein Internet gab.“ Die Aussage von Zalando-Gründer Oliver Samwer hat 2014 die Handelslandschaft er- schüttert. Studien, wonach jeder zehnte Händler in den nächsten fünf Jahren schließt, schrecken den Handel auf. Mittlerweile hat Zalando selbst stationäre Läden und plant, wie gerade zu hören und zu lesen war, für 2018 weite- re Eröffnungen. Warum? Weil das Erlebnis im Laden, die reale Be- gegnung mit der Marke, dem Pro- dukt, durch nichts zu ersetzen ist. Allerdings wird der Retail künftig sehr genau überlegen müssen, welche Produkte er im Store an- bietet und was besser im E-Shop aufgehoben ist. Sehr viele Pro- dukte des täglichen Bedarfs, wie zum Beispiel Drogerieartikel, wer- den zunehmend online gekauft. Wer sich also in einen Laden auf- macht, sucht ein besonders und interessant zusammengestelltes Warensortiment, möchte eine kompetente und freundliche Be- ratung und erwartet einen guten Service. Viele Händler setzten er- folgreich auf einen Mix aus indivi- duellem Warenangebot, Service (wie zum Beispiel Reparaturstel- le, Click&Collect-Abwicklungen, persönliche Einkaufsberater und vieles mehr) und Gastronomie. Der Kunde ist heute nicht König, sondern Kaiser. Er entscheidet, wo er was kauft. Soll er das im Laden tun, ist der Ladeninhaber mehr denn je gefordert. Dass hier- zu eine moderne und innovative Ladeneinrichtung gehört, die die vorgenannten Punkte optimal un- terstützt, ist selbstverständlich. Welche Einzelhandelsbranche zeigt sich besonders innovativ bei Store Design und Marketing? Die Foodbranche hat in den letz- ten Jahren sehr viel investiert und ist neue Wege gegangen. Vom Be- darfskauf („Milch braucht man immer, warum sich beim Verkau- fen Mühe geben?“) haben sich viele Lebensmittelhändler mit ihren Läden immens weiterent- wickelt. Es gibt großartige Le- bensmittelgeschäfte. Marktat- mosphäre, natürliche Materialien, breite Wege, niedrige Regale, ein- fallsreiches Visual Merchandising: Die Foodbranche hat sich in den letzten Jahren sehr gut in Szene gesetzt. Der Online-Handel boomt, aber wer meint, stationäre Geschäf- te seien finsterstes Mittelalter, den belehrt dlv-Geschäftsfüh- rer Dr. Wolfram Krause gerne eines Besseren. „Flagshipstores mit spektakulärer Architektur gehören vielerorts zum neuen Bild der Städte und gelten nicht selten als Touristenattraktion.“ Digitale Technologien halten dennoch Einzug in die Läden. Welche neuen Möglichkeiten sich daraus ergeben, erklärt Dr. Krause im Exklusiv-Interview mit DIEMESSE . Dr. Wolfram Krause, Geschäfts- führer des dlv – Netzwerk Laden- bau e.V. Foto: Verbaende Dr.Krause Please visit our booth Hall 10-E11 .

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