28. März 2024 
 
9. März 2017

LogiMAT: Gesamte Fertigung muss hochvariabel sein

Da die Kunden heute zunehmend individualisierte Produkte fordern, müssen Unternehmen extrem flexibel auf diese Wünsche reagieren können. Wie die gesamte Fertigung hochvariabel gestaltet werden kann, erläutert Felix Müller vom Fraunhofer IPA im Gespräch mit DIE MESSE.

Foto: Universität Stuttgart IFF / Rainer BezFoto: Universität Stuttgart IFF / Rainer Bez
Bei der „Smarten Systemanalyse und -optimierung“ zeichnen Kameras die relevanten Prozessmerkmale in verketteten Anlagen auf. Auf dieser Basis ermittelt die Anwendung die wichtigsten Fehlerquellen.
Herr Müller, der Trend zur Individualisierung stellt die Produktionsplanung vor ganz neue Herausforderungen. Was gilt es heute zu meistern?

Kunden fordern zunehmend individualisierte Produkte, somit sinken die Losgrößen bei steigender Variantenanzahl. Deshalb gilt es für Unternehmen, Produktionssysteme einzusetzen, die in kürzester Zeit eine Vielzahl an Varianten herstellen können. Hierfür muss die gesamte Fertigung hochvariabel gestaltet sein und sich selbst neu konfigurieren. Unternehmen müssen diese Varianz bereits bei der Planung ihrer Produktionssysteme bedenken und über die gesamte Laufzeit effizient betreiben. Mit den Planungsrichtlinien des Fraunhofer IPA für intelligente Produktionssysteme werden schon in der Konzeptphase spätere Selbstanalyse- und autonome Optimierungsfähigkeiten berücksichtigt. Das Fraunhofer IPA bietet gemeinsame Planungsworkshops an und kann besonders im Bereich Automobil-, Konsumgüter- und Pharmaindustrie viele Referenzen nachweisen.

Zu den wichtigsten Methoden der zukunftsfähigen Produktionsplanung gehört der so genannte „digitale Schatten der Produktion“. Was verstehen Sie darunter?

Es handelt es sich dabei um eine weiterentwickelte Stufe der digitalen Fabrik. Wohingegen diese nur die Stamm- und Planungsdaten sowie historische Daten der Produktion vereint, befüllt der digitale Schatten der Produktion dieses Abbild mit echtzeitnahen Daten. Man hat also nicht nur allgemeine Daten zur Fertigung, sondern weiß, was dort in diesem Moment passiert. Unternehmen können einen digitalen Schatten ihrer Produktion erzeugen, indem sie alle relevanten Produktionsressourcen vernetzen und die Daten der Objekte einspeisen. Für den Mittelstand empfiehlt es sich, zunächst einen kleineren Bereich ihrer Fabrik mit einem digitalen Schatten der Produktion zu erschließen und damit Erfahrungen zu sammeln.

Logistik muss flexibler werden, davon sind Sie fest überzeugt. Welche Rolle spielen hierbei „Fahrerlose Transportfahrzeuge“ (FTF)?

Wie eingangs gesagt, müssen heutige Produktionssysteme eine hohe Produktvarianz – bis zur individuellen Produktion in Stückzahl eins – abdecken. Das setzt eine hochflexible Intralogistik voraus. Die zuständigen Komponenten sollten also in der Lage sein, ihre Transportwege flexibel an den Produktionsfluss der aktuellen Variante anzupassen. Hier kommen FTF ins Spiel. Mit der Anbindung an einen übergeordneten Navigationsdienst sind sie in der Lage, sich selbstständig an die Rekonfiguration anzupassen. Bei ihrer Einbindung ist es allerdings wichtig, dass Routenplanung, Navigation und Ressourcenplanung vollkommen autonom vonstatten gehen. Andernfalls wäre der kontinuierliche Planungsaufwand für das Unternehmen unermesslich. Das Fraunhofer IPA hat bereits neuartige Konzepte für Fahrerlose Transportsysteme entwickelt und erprobt, zum Beispiel im Projekt Arena2036. Mit „Cloud Naviga­tion“ ist in unserem Applikationszentrum Industrie 4.0 zudem ein Demonstrator aufgebaut, der die die gemeinsam geteilte Karte aller FTF veranschaulicht.

Neben der sensorbasierten Umgebungserkennung ist die Anbindung an die Cloud eine wichtige Voraussetzung für fahrerlose Transportfahrzeuge. Birgt dies – etwa mit Blick auf denkbare Hackerangriffe – nicht auch handfeste Gefahren für die Produktion von morgen?

IT-Sicherheit ist natürlich ein Riesenthema. Prinzipiell könnte jede Schnittstelle zur Cloud eine Einflugschneise für Hackerangriffe sein. Es ist daher wichtig, das Thema bereits im Prototypenstatus zu bedenken – selbst, wenn noch keine Anbindung des lokal betriebenen Pilotprojekts an die IT-Infrastruktur des Unternehmens vorliegt. Consumer Electronics wie der RaspberryPi und zugehörige Opensource-Softwareprojekte bieten nahezu grenzenlose Möglichkeiten, unkompliziert in die Internet-der-Dinge-Welt (IoT) einzusteigen. Das ist sinnvoll, um sich an das Thema heranzutasten, gewährleistet aber nicht immer volle IT-Sicherheit. Für alle Projekte, die über lokal betriebene Prototypen hinausgehen, rate ich, eine kommerzielle Plattform mit dazugehörigem Support zu verwenden oder einen Spezialisten zu beauftragen. Die am IPA entwickelte Cloud-Plattform Virtual Fort Knox bietet zum Beispiel mit dem Sicherheitskonzept der Segmentierung des Netzwerks zur Kapselung der Geräte sowie durch den Einsatz eines umfangreichen Firewall-Konzepts ein Höchstmaß an Schutz.

Die Planung und Steuerung der Produktion gelingt heute ganz zeitgemäß per App, ebenso wie die Optimierung. Beispiele sind das System „Sense&Act“oder die „Smarte Systemanalyse und -optimierung“ aus Ihrem Hause. Was leisten diese Entwicklungen?

Mit Sense&Act können Unternehmen über Drag & Drop Regeln für ihre Produktion festlegen. Auf eine Aktion wird automatisiert eine Reaktion ausgelöst. Als Auslöser kann der Nutzer sowohl physische Sensoren wie die Temperatur einer Prozesskammer als auch virtuelle Sensoren wie verbuchte Auftragseingänge angeben. Da das System ohne große IT-Infrastruktur im Hintergrund und auf einem lokal gestellten Server läuft, eignet es sich besonders für den Einstieg in die vernetzte Produktion. Die Smarte Systemanalyse und -optimierung ist wiederum hilfreich, um Störungen in verketteten Produktionssystemen zu erkennen und ihre Ursachen zu beseitigen. Das mobile Werkzeug ist mit intelligenten Kameras ausgestattet, die die Daten der einzelnen Stationen echtzeitnah erheben und automatisiert auswerten. In der Industrie haben wir das Tool schon angewendet, kürzlich zum Beispiel bei der SCHOTT Schweiz AG in der Pharmaproduktion, wo wir eine Effizienzsteigerung in der Größenordnung von zehn Prozent erzielt haben.

Am 16. März veranstaltet Fraunhofer IPA auf der LogiMAT das Forum „Die selbststeuernde Produktion“. Was darf das Fachpublikum hier erwarten?

Auf dem Forum finden drei Fachvorträge mit Diskussionen statt. Wir stellen Industrie-4.0-Techniken und Konzepte vor und demonstrieren, wie sich mit „Automation Assessment“ Kosteneinsparungen erzielen lassen. Des Weiteren präsentieren wir Anwendungen, die die Produktivität in verketteten Anlagen steigern. Unternehmen erfahren, wie sie Potenziale identifizieren, die wirtschaftlich und technisch Sinn machen. Außerhalb des Forums haben sie im Applikationszentrum Industrie 4.0 bei uns in Stuttgart jederzeit die Möglichkeit, die Demonstrationen live zu erleben und mit uns als Experten eigene Anwendungsfelder zu erschließen.

http://www.ipa.fraunhofer.de/
http://www.logimat-messe.de/

 

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