transport logistic 2021
•••8••• Branchennews Corona-Krise führt zu Mangelwirtschaft Rohstoff- und Materiallieferungen bleiben aus E inkäufer aus der BME-Commu- nity klagen über ausbleibende Rohstoff- und Materiallieferungen. Sie berichten auch von wachsen- den Belastungen ihres Lieferanten- Netzwerks. Die aktuelle Corona-Krise er- schwert das Global Sourcing deut- scher und europäischer Einkäufer. „Gleichzeitig zwingt es sie, ihre bis- herigen Beschaffungsstrategien zu überdenken“, betont Olaf Holzg- refe, Leiter International & Affairs des BME. Der Ausbruch der Pandemie in Asien habe im vergangenen Jahr praktisch über Nacht zu Liefe- rantenausfällen geführt. Daher überprüften mittlerweile vie- le westliche Unternehmen ihre Global-Sourcing-Aktivitäten und wollen mit Blick auf die Sicherheit ihrer Lieferketten langfristig wie- der stärker auch mit europäischen Lieferanten Local for Local zusam- menarbeiten. Da die EU auf bestimmte Waren aus China Strafzölle erhoben hat, kommen noch drohende Zoll- schwierigkeiten für deutsche und europäische Unternehmen hinzu. Holzgrefe: „Es zeigt sich, dass die durch Corona geänderte Situation auch Auswirkungen in Asien hat und Unternehmen hier ebenfalls neu denken müssen. Dies umso mehr, da sich die Wirtschaft in Chi- na schneller erholt als in Europa.“ Local for Local sei spätestens seit Ausbruch der Covid-19-Pandemie wieder eine Option für deutsche und europäische Einkäufer gewor- den – und das sowohl in Asien als auch in Europa. Dank ihres flexiblen Risikoma- nagements hätten die Unterneh- men die direkten Auswirkungen der Pandemie bisher relativ gut im Griff. Allerdings treibe jetzt der erneute staatlich verordnete Lock- down den Puls in den Lieferketten nach oben. Immer mehr Einkäufer klagten über ausbleibende Roh- stoff- und Materiallieferungen; manche von ihnen sprächen sogar schon von Mangelwirtschaft. So habe das Hauen und Stechen um industrielle Ressourcen längst be- gonnen. Einkäufer aus dem BME- Netzwerk berichteten, dass sie in Schreiben ihrer Lieferanten auf mögliche Lieferverzögerungen und -ausfälle hingewiesen würden. Die Folge seien zusätzliche Trans- port- und Logistikkosten. Alles in allem erwiesen sich die Lieferketten aber bisher als stabil und trotzten erfolgreich der Pan- demie. Das signalisiere auch der IHS Markit/BME-Einkaufsmanager- Index (EMI), der sich im Februar 2021 bereits den achten Monat in Folge deutlich über der 50-Punkte- Wachstumslinie bewege. Erfreulich sei zudem, dass China wieder zur Lokomotive der Weltwirtschaft avanciere. Zahlreiche ausländi- sche Firmen, darunter auch etliche deutsche, profitierten von der wie- der anspringenden Konjunktur im Reich der Mitte. Holzgrefe: „Viele von ihnen erzielen zurzeit Rekord- umsätze im Geschäft mit der größ- ten Volkswirtschaft Asiens und benötigen deshalb Produktionsma- terial ohne Ende.“ Einige BME-Mitgliedsunternehmen berichteten, dass die Corona-Krise ihr Lieferanten-Netzwerk zuneh- mend belaste. Es komme beispiels- weise im Bereich Elektrotechnik/ Elektronik zu akuten Verzögerun- gen bei der Belieferungmit Halblei- tern. Die angespannte Situation im Elektronikmarkt führe dazu, dass abgeschlossene Kontrakte von ei- nigen Chip-Herstellern nur noch als „Papier“ angesehen würden und bereits zugesagte Lieferungen ausblieben. Auch Industriemetalle, Granulate sowie andere Produkti- onsmaterialien und Vorprodukte, insbesondere aus Mittel- und Ost- europa, Japan, Indien und Mexiko, seien zunehmend knapp. Gravierende Engpässe gebe es in der Lieferkette Stahl, die immer mehr Verarbeitungsfirmen über Nachschubprobleme klagen lasse. Viele Hüttenwerke hätten 2020 auf dem Höhepunkt der Corona-Krise ihre Produktion gedrosselt und könnten jetzt die wieder anziehen- de Nachfrage kaum befriedigen. Einkäufer berichten dem BME von Stahl-Service-Centern, die ihnen 2020 kein einziges Kaufangebot un- terbreitet hätten. Deshalb seien sie in den ersten zwei Quartalen dieses Jahres ausschließlich auf dem Spot- markt aktiv. Denn dort könnten die Stahlverarbeiter kurzfristig und un- mittelbar ihre Bedarfe decken. Nicht nur bei zusätzlich bestellten Stahlmengen gebe es Lieferzeiten von mehreren Monaten; auch bei schon geschlossenen Verträgen komme es zu Verzögerungen und verringerten Zuteilungen. Ange- sichts der Knappheit im Markt ex- plodierten derzeit die Stahlpreise. Diese lägen zum Teil weit über dem Vorjahresniveau und trieben die Beschaffungskosten der Einkäu- fer nach oben. Während zunächst vor allem Flachstahl betroffen ge- wesen sei, breite sich das Problem nun auch auf Produkte wie Walz- draht und auf Spezialstähle aus. Aus der BME-Community war zu hören, dass vielen Betrieben die aktuelle Situation der Verpa- ckungsindustrie massive Probleme bereite. Der Grund: Sie kommen mit ihrer Produktion nicht hinter- her. Das gelte vor allem für braune Standardboxen, die im Moment sehr gefragt seien. Die Logistik sorge in Einkauf, Lo- gistik und Supply Management ebenfalls für wachsenden Unmut. Es fehle an Transportschiffen und Flugzeugen. Vor allem bei der Bu- chung von Frachtmaschinen schös- sen die Preise derzeit durch die De- cke. Ein weiteres Ärgernis seien die sich immer länger hinziehen- den Zollformalitäten. Diese dauer- ten beispielsweise in Hamburg um zwei Wochen länger als noch vor Corona. Der Zoll verfüge nicht über genügend Mitarbeiter, um Contai- nerware zügig aus den Containern herauszuholen. Hinzu kämen die aktuell geltenden Quarantäne-Bestimmungen für Lkw. Die Corona-Regeln erschwer- ten den Transport und führten zu zahlreichen Verspätungen. Da freie Kapazitäten rar seien, kletterten die Transportpreise stark nach oben. Von allen Verkehrsträgern sei die Schiene noch am verläss- lichsten. Dagegen verzögerten sich Containertransporte per Schiff, weil viele Frachter entweder coro- nabedingt stillgelegt wurden, an den Grenzen aufgehalten würden oder komplett ausgebucht seien. Kein Thema sei Luftfracht, die auf- grund der extrem hohen Preise vor allem für Klein- und Mittelun- ternehmen derzeit nicht infrage komme. Holzgrefe: „Viele Einkäu- fer haben auf die steigenden Trans- port- und Frachtkostenpreise, inklusive den horrenden Leihge- bühren für Container, reagiert und diese mittlerweile in ihre Beschaf- fungsstrategien eingepreist.“ Ein großer Störfaktor im Güterver- kehr zwischen der EU und Großbri- tannien sei der Brexit. Einkäufer, Logistiker und Supply Manager fühlten sich besonders herausge- fordert. Erste Speditionen hätten bereits wegen der Schwierigkei- ten mit den Zollformalitäten ka- pituliert, da diese ihre Kunden überforderten. Der Mehraufwand wegen ausbleibender oder sich verzögernder Lieferungen und zu- sätzlicher Frachtpapiere führe zu steigenden Kosten. Holzgrefe informiert abschließend, dass der BME auf die sich ändern- den globalen Beschaffungsaktivi- täten seiner Mitgliedsunterneh- men reagiere und deshalb 2021 Länderreisen nach Malaysia, Por- tugal, Italien und Polen durchfüh- ren werde. Darüber hinaus wird der Verband auch 2021 wieder die EinkaufsinitiativenWestbalkan und Maghreb organisieren. Die aktuelle Corona-Krise erschwert das Global Sourcing deutscher und europäischer Ein- käufer. Gleichzeitig zwingt es sie, ihre bisherigen Beschaffungsstrategien zu überdenken. Foto: Pixabay Zollschwierigkeiten drohen durch Strafzölle von der EU auf bestimmte Waren aus China Foto: Pixabay
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