Medica 2020

•••6••• Branchennews Corona schlägt sich in Unfallstatistik nieder Gesetzliche Unfallversicherung legt vorläufige Zahlen für das erste Halbjahr 2020 vor D ie Corona-Pandemie hat im ersten Halbjahr 2020 das Un- fall- und Erkrankungsgeschehen bei der Arbeit deutlich beein- flusst. Das geht aus vorläufigen Zahlen der Berufsgenossenschaf- ten und Unfallkassen hervor, die ihr Verband, die Deutsche Gesetz- liche Unfallversicherung (DGUV), veröffentlicht hat. Während die Zahl der Arbeits-, Schul- und We- geunfälle stark zurückging, gab es einen deutlichen Anstieg bei der Zahl der gemeldeten Berufs- krankheiten. Laut Statistik der DGUV sank die Zahl der Arbeitsunfälle von 432 684 auf 367 016 (-15,2 Pro- zent), die Zahl der meldepflich- tigen Wegeunfälle ging um rund 20 Prozent zurück. Noch stärker sanken die Zahlen in der Schüler- Unfallversicherung. Gab es im ersten Halbjahr 2019 noch 584763 Schulunfälle, so waren es in den ersten sechs Monaten des Jahres 2020 noch 301 543 – ein Minus von fast 50 Prozent. Auch die Zahl der Schulwegunfälle ging um fast die Hälfte zurück: von 50 479 im ers- ten Halbjahr 2019 auf 26 881 im ersten Halbjahr 2020. Die Zahl der Beschäftigten, die auf ihrem Weg zur oder von der Arbeit einen tödlichen Unfall er- litten, ging um rund ein Fünftel auf 106 zurück. Die Zahl derjeni- gen, die bei einem Arbeitsunfall starben, verringerte sich um fast ein Drittel: von 251 im Vorjahres- zeitraum auf 171 in diesem Jahr. Der starke prozentuale Rück- gang bei den tödlichen Arbeits- unfällen ist jedoch nur zum Teil der Pandemie geschuldet. 2019 hatte die Zahl der tödlichen Ar- beitsunfälle außergewöhnlich hoch gelegen. Grund hierfür war, dass durch den Abschluss von Strafprozessen einige Todesfäl- le aus den Jahren 2000 bis 2005 erst 2019 in die Statistik aufge- nommen wurden. „Die Corona-Pandemie hat mit- telbar deutliche Spuren im Unfall- geschehen hinterlassen“, sagt Dr. Stefan Hussy, Hauptgeschäftsfüh- rer der DGUV. „Der Grund hierfür dürfte zum einen die große Zahl der Beschäftigten sein, die in Kurzarbeit gegangen sind. Zum anderen sind Millionen Beschäf- tigte ins Homeoffice gewechselt, was ihr Wegeunfallrisiko prak- tisch ausgeschaltet hat. Die Zah- len überraschen daher eigentlich nicht.“ Gleiches gelte für die Schü- ler-Unfallversicherung. Hier habe die fast vollständige Schließung von Kitas, Schulen und Hochschu- len zu einem historisch einmali- gen Rückgang der Unfallzahlen geführt. Für die gesetzliche Unfallversi- cherung sei die Pandemie den- noch eine in der Nachkriegszeit beispiellose Herausforderung, so Hussy. So hätten die Fachleu- te von Berufsgenossenschaf- ten und Unfallkassen innerhalb kurzer Zeit branchenspezifische Handlungsempfehlungen für den Infektionsschutz in den Betrie- ben und Bildungseinrichtungen erarbeitet und veröffentlicht. „Arbeitsschutz ist Gesundheits- schutz. Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen profitieren davon, dass sie in die- ser Ausnahmesituation einen leis- tungsfähigen Partner und Berater für Sicherheit und Gesundheit an ihrer Seite haben: die Berufsge- nossenschaften und Unfallkas- sen.“ Die Zahl neuer Unfallrenten nahm im Vergleich zum ersten Halbjahr 2019 um 1,7 Prozent auf 8 735 zu. Zu beachten ist in diesem Zusam- menhang, dass die Entscheidung über Unfallrenten erst gegen En- de der Rehabilitation erfolgt. Die Zahlen zu Unfallrenten beziehen sich daher im Regelfall auf Ar- beitsunfälle, die schon mehrere Monate zurückliegen. Mehr Anzeigen auf Verdacht einer Berufskrankheit Beschäftigte in stationären oder ambulanten medizinischen Ein- richtungen und in Laboratorien können eine Erkrankung an CO- VID-19 unter bestimmten Voraus- setzungen als Berufskrankheit anerkennen lassen. Insgesamt erhielten die Unfallversiche- rungsträger bis Ende Juni 13 601 Anzeigen auf Verdacht einer Be- rufskrankheit im Zusammenhang mit dem Coronavirus. Das führte dazu, dass die Anzeigen auf Ver- dacht einer Berufskrankheit um rund 24 Prozent von 41 723 auf 51 789 stiegen. Abzüglich der mit Corona in Zusammenhang ste- henden Erkrankungen gingen die restlichen Berufskrankheiten also leicht zurück. Stand 25. September 2020 haben die gewerblichen Berufsgenos- senschaften und die Unfallkas- sen 19 573 Anzeigen auf Verdacht einer Berufskrankheit im Zusam- menhang mit COVID-19 an die DGUV gemeldet. Rund 11 300 da- von sind bislang entschieden. In 8 545 Fällen wurde das Vorliegen einer Berufskrankheit anerkannt. Zu beachten ist, dass Verdachts- anzeigen die Unfallversicherungs- träger selbst mitunter verzögert erreichen. Die Statistiken bilden also nicht das aktuelle Erkran- kungsgeschehen ab. Hinweis: Arbeitgeber müssen Arbeits- und Wegeunfälle melden, wenn die Unfälle zu einer Arbeitsunfähig- keit von mehr als drei Tagen oder zum Tod von Versicherten führen. Die Berufsgenossenschaften und Unfallkassen erfassen Unfälle in Betrieben und Einrichtungen der gewerblichen Wirtschaft und der öffentlichen Hand sowie Unfälle beim Besuch von Bildungseinrich- tungen. Arbeits- und Wegeunfälle sowie Berufskrankheiten in der Landwirtschaft sind über die Sozi- alversicherung für Landwirtschaft, Forst und Gartenbau abgesichert. Die Zahl der Arbeitsunfälle sank von 432 684 auf 367016 (-15,2 Prozent) Foto: DGUV Meta-Analyse-Erfolg Publikation im Fachmagazin The Lancet Ein internationales Forschenden- Team konnte in einer Meta-Ana- lyse den Erfolg der sogenannten Thrombolyse bei Schlaganfallpa- t ien t innen und - pat ien ten bestätigen. Die Auswertung von vier verschiedenen Studien hat gezeigt, dass Patientinnen und Patienten, die im Schlaf einen Schlaganfall erleiden und die Symptome er s t nach dem Aufwachen am nächsten Morgen feststellen, von einer Wieder- eröf fnung verstopfter Blut- gefäße durch die Gabe eines Medikaments profitieren. Damit konnten die Forschenden die Ergebnisse der ebenfalls vom UKE geleiteten und vor zwei Jah- ren publizierten Studie „WAKE- UP“ bestätigen. Ihre aktuellen Ergebnisse haben die For- schenden im Fachmagazin The Lancet veröffentlicht. Zeitgleich wurden sie auf der ESO WSO Conference, der größten Schla- ganfallkonferenz weltweit, vorg- estellt. „Bei Schlaganfallpatientinnen und -patienten mit unbekanntem Beginn kann die Gabe eines Medi- kaments, das verstopfte Blutge- fäße im Gehirn wiedereröffnet, zu einem besseren Behandlungs- ergebnis führen als die bisherige Standardbehandlung. Insgesamt überstehen mehr Patienten ei- nen Schlaganfall ohne bleibende neurologische Ausfälle oder Be- hinderung. Unsere Ergebnisse werden eine Behandlung für eine große Population von Schlagan- fallpatienten verfügbar machen, die bislang von einer wirksamen akuten Behandlung ausgeschlos- sen waren. Insgesamt könnte die Zahl der Patienten, die mit einer Thrombolyse behandelt werden können, um etwa 20 Prozent er- höht werden“, erklärt Prof. Dr. Götz Thomalla, Studienleiter und Oberarzt in der Klinik für Neurolo- gie des UKE. Lange Zeit erfolgte eine medika- mentöse Behandlung zur Wie- dereröffnung des verstopften Blutgefäßes im Gehirn nur dann, wenn der Zeitpunkt des Symp- tombeginns bekannt war und nicht länger als 4,5 Stunden zu- rücklag. In der WAKE-UP-Studie gelang den Forschenden im UKE vor zwei Jahren der Nachweis, dass eine Thrombolyse sicher und effektiv ist, wenn geeignete Pa- tienten mittels MRT-Diagnostik ausgewählt werden, auch ohne den Zeitpunkt des Schlaganfalls zu kennen.

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