LABVOLUTION 2017

•••6••• Innovationen Hundertmal günstiger Hochdurchsatzscreenings ohne aufwendige Robotik M oderne Labortechnik kann nicht nur helfen, neue Me- dikamente zu entwickeln, son- dern auch Diagnosen schneller und exakter zu stellen. Forscher des Karlsruher Instituts für Tech- nologie (KIT) haben eine Labor- ausstattung entwickelt, die die Suche nach Wirkstoffen und das Untersuchen von Zellproben viel einfacher und bis zu hundertmal günstiger macht als bisher. So wird es möglich, Behandlungs- methoden den individuellen Be- dürfnissen von Patienten besser anzupassen. Die Karlsruher For- scher haben eine Möglichkeit gefunden, sogenannte Hoch- durchsatzscreenings, bei denen in Laboren parallel Tausende von Proben durchgetestet werden, ohne die bislang dafür notwendi- ge sehr aufwendige und teure Ro- botik durchzuführen. Tausende von separaten Tröpfchen Der Chemiker Pavel Levkin vom Institut für Toxikologie und Ge- netik (ITG), an dem Biologen, Che- miker und Physiker gemeinsam forschen, hat eine Oberfläche entwickelt, auf der sich wässrige Lösungen selbstständig zu Tau- senden von separaten Tröpfchen anordnen. „Auf einem Droplet- Microarray (DMA) können biolo- gische Proben wie etwa Gewebe aus einer Biopsie einemWirkstoff- Screening unterzogen werden“, sagt Simon Widmaier vom ITG. Jeder einzelne Tropfen dient da- bei als eine Art Reagenzglas für biologische Experimente. Pipet- tierroboter und Pipettenspritzen, bis dato unverzichtbar, sind über- flüssig. „Ein einzelner Labormitarbeiter kann jetzt innerhalb weniger Se- kunden Tausende von Wirkstoff- Screeningexperimenten ausfüh- ren.“ Das Einsparpotenzial, das die neue Technik bietet, ist laut Widmaier enorm: „Ein Pipetier- roboter kostet mehrere 10 000 Euro und muss von einem Exper- ten bedient werden.“ Jeder Pi- pettierschritt koste allein durch den Verbrauch einer einzigen Pi- pettenspitze fünf bis sieben Cent. Darüber hinaus bietet das Raster des Feldes aus durch einen sehr exakten UV-Belichtungsprozess hergestellten, extrem wasser- anziehenden und extrem was- serabweisenden Bereichen die Möglichkeit, die Größe der zu untersuchenden Tröpfchen ganz nach Wunsch zwischen drei und 250 Nanolitern (Milliardstel eines Liters) zu variieren. Beim Einsatz herkömmlicher Mi- krotierplatten, die aus in Reihen und Spalten angeordneten Näpf- chen bestehen, werden dagegen je Einheit mindestens 40 Mikroliter (Millionstel eines Liters) Reagenzi- en benötigt. „Grob geschätzt ver- braucht ein DMA also tausendmal weniger Reagenzien. Da diese oft sehr kostspielig sind – manche sind teurer als Gold –, ein großer Vorteil für die Anwender“, so Widmaier. Ganzwenige lebende Zellen Des Weiteren hatte es die klas- sische Pipettiertechnik nicht er- laubt, Flüssigkeiten mit darin fein verteilten Festkörpern wie Zellen in Nanoliter-Mengen zu portio- nieren. Auf dem neuartigen bio- logisch verträglichen Polymer hingegen können Experimente auch mit ganz wenigen lebenden Zellen durchgeführt werden. Die Technologie bietet somit gro- ße Vorteile beim Screening von Stamm- und Primärzellen, mit de- nen sehr verlässlich geprüft wer- den kann, wie menschliche Orga- ne auf Wirkstoffe reagieren. So würden Screening-Ergebnisse zuverlässiger und die Entwicklung von Medikamenten preiswerter, erwartet Widmaier. Die Forscher wollen mit ihrer Innovation auch biologischen Forschungslaboren mit geringer finanzieller Ausstat- tung ermöglichen, Hochdurch- satzscreenings durchzuführen. FutureLab NRW: Analytik in Miniatur Beeindruckende Großgeräte, lange Gänge mit etlichen Türen – so stellen wir uns Labore vor. Das Institut für Energie- und Umwelttechnik IUTA beweist, dass es viel kleiner geht. Es entwickelt das FutureLab NRW, ein di- gitalisiertes Modelllabor für die miniaturisierte Analy- tik. Mit dem Projekt gehört das An-Institut der Univer- sität Duisburg-Essen (UDE) zu den Gewinnern des Wettbewerbs „Forschungsinfrastrukturen NRW“, teilt die Universität Duisburg-Essen mit. „Wir entwickeln die Infrastruktur für das digitalisierte Analytik-Labor der Zukunft. Es soll die klassischen Geräte und Verfahren ablösen, denn die brauchen viel Platz und Ressourcen“, erklärt Prof. Dr. Dieter Bathen vom IUTA. Intelligente Labormöbel und Geräte wie Waagen oder Pipetten sind dabei über eine einheitliche Datenschnittstelle verbunden. FutureLab NRW sei besonders interessant für kleine und mittelständische Unternehmen, hieß es. Transfecting cells gently Whether for drug screen- ing, protein production or gene regulation, moving exogenous molecules into biological cells, also known as transfection, is a key technology for basic re- search and also for clinical and industrial applications. The main challenge lies in permeating the cell mem- brane efficiently without having a lasting effect on the cell, or the functionali- ty of the molecule. The LZH has developed the gold nanoparticle support- ed laser transfection process GNOME (gold nanoparti- cle mediated), which allows high transfection efficiency with a minimal influence on the target cells, high vitali- ty rates, and short process times. The gold nanoparti- cles adhere to the cell membrane and accurately focus the laser energy of a pico-second laser. The membrane is permeated and exogenous molecules can flow into the cell. The prototype shown at the Labvolution is suit- able for all common microtiter plate formats, and is thus ideal for high throughput screening. The prototype of the GNOME laser transfec- tion demonstrates how quick and easy operation can be combined with in- novative technology. Photo: LZH Auf einem Droplet-Microarray (DMA) ordnen sich Flüssigkeiten selbstständig zu kleinsten Tröpfchen. Foto: Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Continued from page 1

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