K 2019 Ausgabe 2
•••6••• Interview Flexible Batterie für neue Anwendungen DIEMESSE im Gespräch mit Markus Niederberger, Professor für Multifunktionsmaterialien Herr Niederberger, welche Lösung haben Sie denn für diese neuen Ansprüche an eine Batterie gefun- den und wie kam es dazu? Ich bin fasziniert von flexiblen elektronischen Geräten, also Smartphones oder Tablets, die man aufrollen kann und dann in die Hosentasche stecken. Diese Geräte sind alle noch in Entwick- lung, aber sie werden entspre- chende Batterie brauchen. Und dann sind wir hoffentlich bereit mit unserer Batterie! Die Her- ausforderung ist, dass alle Kom- ponenten, die wir dafür verwen- den, auch flexibel sein müssen. Der sandwichartige Aufbau der neuartigen Batterie orientiert sich an kommerziellen Akkus, aber wir verwendeten erstmals ausschließlich flexible Bauteile, um die Batterie als Ganzes biegsam und dehnbar zu halten. So konsequent wie wir hat bisher noch nie- mand ausschließlich flexible Komponenten eingesetzt, um einen Lithium-Ionen- Akku herzustellen Wie ist die biegsame Batte- rie aufgebaut? Was macht sie so flexibel? Ein Lithium-Ionen Akku be- steht aus fünf Schichten: Eine Metallfolie (sogenann- ter Stromsammler), darauf eine Schicht aus Pulver, das die Kathode bildet, dann kommt eine poröse Kunststoff- folie mit Flüssigkeit (Separator und Elektrolyt), dann wieder ei- ne Schicht aus Pulver, diesmal die Anode, und dann eine weitere Metallfolie (zweiter Stromsamm- ler). Und dann wird alles luftdicht in eine Hülle verpackt, meistens ein Kunststoff- oder Metallge- häuse. Wenn man jetzt eine flexi- ble oder dehnbare Batte- rie entwickeln will, müssen alle diese Komponenten dehnbar gemacht werden. Metallfolien, Kunststoff- folien und das Gehäuse in einer normalen Batterie sind natürlich nicht dehn- bar. Also mussten wir für jede dieser Komponenten eine dehnbare Version ent- wickeln. Die Batterie wird bei ihrem Einsatz zum Beispiel in ei- nem biegsamen Smartpho- ne doch sehr gedehnt. Wie kommt es, dass die Leitfähigkeit nicht darunter leidet? Anstelle der Metallfolien haben wir einen gummiartigen Kunst- stoff genommen und darauf Sil- berflocken verteilt. Wenn man den Kunststoff nun dehnt, ver- schieben sich die Silberflocken gegeneinander wie übereinander gelagerte Schuppen und dadurch bleibt die Leitfähigkeit erhalten. Das garantiert die Leitfähigkeit des Stromsammlers, selbst wenn er stark gestreckt wird. Als Sepa- rator und Elektrolyt haben wir ein sogenanntes Hydrogel entwickelt, das ist eine gelartige Substanz, die wir mit einem wässrigen Elektro- lyten getränkt haben. Das Hydro- gel lässt sich sehr gut verstrecken. Das Anoden- und Kathodenpul- ver haben wir direkt auf die Sil- berflocken deponiert. So bleiben die Pulver immer mit dem Silber in Kontakt, was wichtig für das Funktionieren der Batterie ist. Am Schluss haben wir die ganze Bat- terie einfach verleimt, das heißt, der gummiartige Kunststoff, auf dem die Silberflocken sind, bildet die Außenhülle der Batterie. Welche Schritte sind nötig, um die Batterie kommerzialisierbar zu machen? Das größte Problem an unserer Batterie ist, dass wir nur sehr wenig Anoden- und Kathoden- material in unserer Batterie ha- ben. Die Menge an Anode und Kathode bestimmt aber, wie viel Energie eine Batterie speichern kann. Da müssen wir uns verbes- sern. Wir brauchen noch weitere Forschungsarbeit, um die flexib- le Batterie zu optimieren und um an eine Kommerzialisierung zu denken. Biegsame Elektronikgeräte lie- gen im Trend. Auch in intelli- genter funktionaler Kleidung kommen tragbare Kleinstgerä- te oder Sensoren zum Einsatz, um beispielsweise Körperfunk- tionen zu überwachen. Klassi- sche Batterien sind allerdings zu schwer und hart für diese neuen Anwendungen. Markus Nieder- berger, Professor für Multifunk- tionsmaterialien an der ETH Zürich, und sein Team haben sich mit der Entwicklung einer neuen Batterie aus weichen Ma- terialien beschäftigt, die sich verdrehen, biegen und dehnen lässt. DIE MESSE sprach mit ihm über den Prototyp. Markus Niederberger, ETH Zürich Foto: ETH Zürich Ideal für biegsame Displays Foto: Rami Al-zayat / Unsplash
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