Interzum 2019

•••8••• Innovationen Ökologische Klebstoffe aus Panzenöl Fraunhofer-Forscher entwickeln Epoxidharze aus natürlichen und nachhaltigen Rohstoffen D ie Nachfrage nach grünen Produkten steigt. Doch nach- haltig sind Waren erst dann, wenn die verwendeten Klebstoffe und Lacke ebenfalls aus biobasierten Rohstoffen hergestellt werden. Materialkonzepte aus Fraunhofer- Laboren sollen helfen. Bioprodukte boomen. Denn statt Massentierhaltung und Chemi- kalien-Cocktails auf den Feldern wünschen sich viele Verbraucher sattgrüne Weiden für die Tiere, möglichst unbehandeltes Obst und Gemüse sowie Textilien aus ökologisch erzeugter Baumwol- le. Allerdings ist es nicht damit getan, Kunststoffe durch Materi- alien wie Holz oder Kork zu erset- zen. Nachhaltig sind die Produkte nur dann, wenn auch die Kleb- stoffe und Lacke aus biobasierten Rohstoffen hergestellt werden. Bisher bestehen Klebstoffe und Co. meist aus duroplastischen Epoxidharzen auf Erdölbasis. Ein- facher gesagt: aus Kunstharzen, die sich – einmal erwärmt – nicht mehr verformen lassen. Als Bau- steine für diese Epoxidharze die- nen Monomere. Gibt man einen Härter hinzu, vernetzen sich die Einzelmoleküle zu einem festen Kunststoff, der sich nicht mehr aufschmelzen lässt. Über zugege- bene Funktionsstoffe lassen sich die Eigenschaften feinjustieren und an die jeweiligen Anwendun- gen anpassen. So können sie die Epoxidharze färben, vor Feuer schützen oder dafür sorgen, dass sie sich besser verarbeiten lassen. Pflanzenölepoxidemit natürlichen Additiven Doch lassen sich solche Epoxid- harze auch auf ökologische Wei- se herstellen? Einen neuartigen Ansatzpunkt gibt es bereits: die Pflanzenölepoxide, also die öko- logische Variante der herkömm- lichen Epoxidharze. Basis bilden Pflanzenöle, die einen hohen An- teil an ungesättigten Fettsäuren haben. Diese Fettsäuren werden epoxidiert, also mit einem Drei- Ring aus zwei Kohlenstoffato- men und einem Sauerstoffatom versehen. Kombiniert man diese Pflanzenölepoxide mit entspre- chenden Härtern, entstehen hoch belastbare Kunststoffe. Nachhal- tige Klebstoffe, Lacke oder auch Schaumharze rücken somit in den Bereich des Möglichen. Doch die chemische Zusammensetzung von natürlichen Rohstoffen kann stark schwanken, schließlich werden sie aus der Saat von Ölpflanzen extra- hiert. Dies stellt Produzenten vor große Herausforderungen. Forscher des Fraunhofer-Instituts für Mikrostruktur von Werkstof- fen und Systemen (IMWS) neh- men die Eigenschaften solcher neu entwickelter biogener Har- ze daher genau unter die Lupe. „Wir untersuchen die Harze von der Mikro- bis zur Makroebene“, bestätigt Andreas Krombholz, Gruppenleiter am IMWS. Wie wir- ken sich die variierenden Inhalts- stoffe auf die Harze aus? Ist dieser erste Schritt getan, optimiert das IMWS-Team die Harze und passt sie an die Verarbeitungsverfahren an. Zudem entwickeln die Fraunhofer- Wissenschaftler aus den Pflanzen- ölepoxiden neuartige Klebstoffe. So sind alle diese Klebstofffor- mulierungen aus den Fraunhofer- Laboren vollkommen frei von Lö- sungsmitteln. Weiterhin widmen sich die Forschenden der Frage: Welche Füll- und Funktionsstof- fe bieten welchen Nutzen? Ein solcher wäre beispielsweise eine hohe elektrische Leitfähigkeit: Durch das Anlegen einer elekt- rischen Spannung lässt sich die Klebschicht von innen heraus auf- heizen – und härtet somit schnell und gezielt aus. Oder aber man bringt modifiziertes Thymianöl in den Kleber ein. So erhält er eine antibakterielle Wirkung. Epoxidierung auf Enzyme umgestellt Der biobasierte Anteil der aus den Pflanzenölepoxiden gefertigten Klebstoffen liegt mittlerweile bei 86 Prozent, weil die Materialien viel Pflanzenöl enthalten und auch die bisher erdölbasierten Härter- chemikalien gegen biobasierte Substanzen ausgetauscht wurden. Zum Vergleich: Bereits ab einem biobasierten Anteil von 35 Prozent gilt ein Material als nachhaltig. „Gemeinsam mit dem Fraunho- fer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (IGB) haben wir die Epoxidierung erstmalig auf Enzyme umgestellt, wir können die Pflanzenöle also ohne Erdölba- sierende Chemikalien mit diesem Verfahren behandeln. Und da dies via Enzymen bei 40 Grad Celsius vonstatten geht statt bei über 100 Grad Celsius wie bisher, sparen wir zudem Energie“, erläutert Kromb- holz. Doch damit nicht genug: Bisher verwendete die Industrie Leinöl aus Kanada für die Pflan- zenölepoxide – was schon allein im Hinblick auf die Lieferwege nicht ökologisch ist. Der Wissenschaftler und sein Team haben den Prozess daher von Leinöl auf Drachenkopf- öl umgestellt, das in Deutschland ökologisch hergestellt wird. Das verbessert zusätzlich die Umwelt- bilanz. Und den Härter, bislang ein hoch giftiges Produkt, haben die Experten durch eine ökologische Variante ersetzt. Zwei Metallstücke sind mit der nachhaltigen Klebstoffformulierung verbunden. Im Hinter- grund: Leinölepoxidpro- ben für die Klebstoff- prüfung mit flüssigem (gelb) und pastösem Härter (weiß) sowie mit Organosolv-Lignin (schwarz). Foto: Fraunhofer IMWS Leichtbau-Möbel mit Popcorn-Kern Forscher nutzen Mais für Sandwichplatten ohne Formaldehydemissionen Professor Alireza Kharazipour von der Universität Göttingen hat mit seinem Forschungsteam leichte Sandwichplatten mit einem Kern aus expandiertem Mais, also Pop- corn entwickelt. Diese sind bei gleichen mechanischen Eigen- schaften nur halb so schwer wie Spanplatten. Holzwerkstoffher- steller könnten die Platten auf be- stehenden Anlagen produzieren. Leichtbaustrategien sind auch in der Holzwerkstoffindustrie ein wichtiges Thema. Sie helfen, Holz- ressourcen einzusparen, Trans- port- und Energiekosten zu sen- ken, und passen zu einer mobilen Gesellschaft, die häufiger umzieht und dafür leichte Möbel braucht. Im Projekt wendeten die Forscher zwei verschiedene Verfahren an. Beim Einschritt-Verfahren wur- den Popcorn für den Kern sowie Holzspäne und Holzfasern für die Deckschicht beleimt, dann je- weils gestreut und in einem Zug zu einer Platte verpresst. Im Zwei- schritt-Verfahren stellten die For- scher zunächst die Popcorn-Ver- bundplatte her und beplankten sie erst dann mit den Deckschicht- materialien Sperrholz, Dünnfaser- und Dünnspanplatte, Aluminium und Hochdrucklaminat. Zur Ver- leimung eignete sich eine vier- bis acht-prozentige Beimischung von harnstoffformaldehydbasierten Harzen oder von Methandiisocy- anat am besten. „Interessant ist die Fähigkeit des Popcorngranu- lats, Formaldehyd ab Temperatu- ren von 70 °C zu binden. Dadurch wird das problematische Gas we- der bei der Herstellung noch im Gebrauch freigesetzt“, sagt Pro- fessor Kharazipour. Entwicklungs- bedarf sieht er noch beim Schutz gegen hohe Luftfeuchtigkeit und bei der industriellen Herstellung. Brother Internationale Industriemaschinen GmbH www.brother-ism.com Halle: 10.1 • Stand: H030 + J031 FURWA Furnierkanten GmbH www.furwa.com Halle: 10.2 • Stand: C030 Karl W. Niemann GmbH & Co. KG www.niemann-moebelteile.de Halle: 6.1 • Stand: C029 Melaplast GmbH www.melaplast.de Halle: 6.1 • Stand: A031 Sudhaus GmbH & Co. KG www.sudhaus.de Halle: 8.1 • Stand: E004 Nichtaussteller: Worldwide Exhibitions Service Co., Ltd. (WES) www.wes-expo.com.cn Messetelegramm Anzeige

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