interzum 2017

•••3••• Interview Mit dem Schrank unterm Arm nach Hause DIEMESSE im Gespräch mit Harald Schwab, Leiter Qualitätsprüfung des Fraunhofer WKI Das Fraunhofer-Institut für Holz- forschung WKI ist auf der interzum im Boulevard, Gang B, Stand 077 zu finden. Welche Schwerpunkte setzen Sie in diesem Jahr in Köln? Wir setzen in diesem Jahr auf der interzum drei Schwerpunk- te. Zum einen zeigen wir neueste Entwicklungen aus unserer Kleb- stoffforschung. Ziel hierbei ist die Reduzierung von Formaldehyd in den Bindemitteln bis zur Form- aldehydfreiheit. Darüber hinaus präsentieren wir Prüfmethoden für Formaldehydemissionen aus Holzwerkstoffen, die sich aus den aktuellen gesetzlichen Anforde- rungen weltweit ergeben, und den Wissenstransfer in Form un- serer WKI-Akademie. Mit dieser Akademie bieten wir seit 2016 Mitarbeitenden in der Qualitäts- kontrolle der holzverarbeitenden Industrie ein berufsbegleitendes Weiterbildungsformat an. Themen dieser modular auf- gebauten Zertifizierungs- programme sind unter an- derem Kleben im Holzbau und die Qualitätskontrolle in der Holzwerkstoffher- stellung. Zusätzlich stellt der Internationale Verein für Technische Holzfragen e. V. an unserem Stand sein Leis- tungsangebot vor. Nicht alle Länder sind so waldreich wie Deutschland, der Rohstoff Holz ist in ei- nigen Regionen knapp. Sie forschen deshalb zu Span- platten, die aus Rückständen von Agrarpflanzen zusam- mengesetzt sind. Sind diese Spanplatten überhaupt resistent genug für industrielle Fertigung und in welchen Bereichen könnten Sie eingesetzt werden? Seit der Gründung des Instituts 1946 beschäftigen sich die Mitar- beitenden mit dem Einsatz von Rohstoffen aus natürlichen Quel- len. Unter anderem bearbeiten wir zurzeit ein von der Fachagen- tur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) gefördertes Projekt zum Zusatznutzen von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstof- fen. Hierbei betrachten wir unterschiedliche Gesichts- punkte beim Einsatz von NaWaRo (nachwachsende Rohstoffe), beispielsweise den Brandschutz und das Glimmverhalten, Schall- schutz, Wärme- und Feuch- teschutz, Fragen der Nach- haltigkeit und Emissionen. Die Dauerhaftigkeit und das Dauerstandverhalten von Werkstoffen aus nachwach- senden Rohstoffen ist dabei nur ein Punkt, der betrach- tet werden muss, und in der Tat ist diese Frage noch nicht geklärt, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Reduktion des bis dato wichtigsten Bindemittelan- teils Formaldehyd. Hier müssen in naher Zukunft umfangreiche For- schungsarbeiten geleistet wer- den, um die neuen Produkte ver- lässlich und dauerhaft einsetzen zu können. Auf demMarkt bereits erhältliche Spanplatten mit Zusät- zen aus Mais oder Stroh zeigen, dass die Technologie für eine Mas- senfertigung zur Verfügung steht. Holzbeschichtungen und kon- ventionelle Klebstoffe in Möbeln können bekanntlich ausdünsten und die Raumluft belasten, unter anderem mit schädlichem Form- aldehyd. An welchen Alternativen forschen Sie im Institut? Tatsächlich sind die Formaldehyd- Emissionen aus Möbeln seit Jahr- zehnten ein wichtiges Thema in der Branche. Betrachtet man die Emissionen der Holzwerkstoffe der Gründergeneration und ver- gleicht sie mit denen von heute, liegen dazwischen Welten. Wir können sagen, dass in Europa weit über 95 Prozent der hergestellten Platten, die in Möbeln eingesetzt werden, die Emissionsklasse E1 erfüllen und somit auch die von der WHO empfohlenen Richt- werte und die in Europa in unter- schiedlichen Ländern gesetzlich geregelten Grenzwerte einhal- ten. Seit einiger Zeit kommt zu dem Thema HCHO (Formaldehyd) auch die VOC-Thematik (Flüchtige organische Verbindungen) hinzu, die sowohl die Hersteller der Mö- bel, aber auch der Holzwerkstoffe sehr stark beschäftigen. Hier sind in naher Zukunft auch europawei- te Regelungen zu erwarten. Das Fraunhofer WKI beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Alternati- ven zum Formaldehyd, wie dem Einsatz von Melaminen und Gy- loxalsäure als Klebstoff für Holz- werkstoffe. Weitere Erfolg ver- sprechende Alternativen wären die Nutzung der autoadhäsiven Bindung, der Einsatz von Tanni- nen oder Stärke. Wir halten auch den Einsatz von Acrylaten, pVAC (Polyvinylacetat) und pflanz- lichen Proteinen für denkbar. Dabei ist es wichtig, nicht nur das In der Möbelindustrie läuft nichts ohne Bindemittel und Klebstoffe. Diese enthalten meist Formaldehyd, das in hoher Konzentration die Ge- sundheit schädigen kann. Das Fraunhofer-Institut für Holzfor- schung WKI forscht an Alterna- tiven und entwickelt Werkstof- fe aus Pflanzenresten. Dies und anderes ist auf der interzum im Boulevard, Gang B, Stand 077 zu sehen. Im Gespräch mit DIE MESSE gibt Dipl.-Ing. Harald Schwab, Leiter des Fachbereichs Qualitätsprüfung und -bewer- tung, einen Vorgeschmack. Alternative Klebstoffe Dipl.-Ing. Harald Schwab, Fachbe- reichsleiter Qualitätsprüfung und -bewertung am Fraunhofer WKI Foto: Fraunhofer WKI Formaldehyd-Analytik im Fraunhofer WKI Foto: Fraunhofer WKI / Marek Kruszewski Fortsetzung auf Seite 4

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