InnoTrans 2018
••• 15••• Interview Branchennews Die technischen Herausforderungen sind gering. Die kommerziellen sind jedoch gewaltig. Lärmminderung ist nie völlig gratis und wenn es keinen Anreiz gibt, weder gesetzlich noch monetär, passiert nichts. Das Fachgebiet Schienenfahrzeuge der TU Berlin ist Konsortiumsmitglied des EU-Forschungsprojekts IN- NOWAG, bei dem neuartige Überwachungs- und vor- beugende Instandhaltungslösungen für Güterzüge entwickelt werden. Was ist das Ziel dieses Projekts? INNOWAG möchte den Schienengüterverkehr voran- bringen. Die wesentlichen Maßnahmen sind Instand- haltung zur Verfügbarkeitserhöhung, insbesondere Vermeidung ungeplanter Ausfälle, und zum zweiten die Erhöhung der Nutz- last durch Einsatz inno- vativer Materialien. Das Erstere ist wesentlich wichtiger, da eine Stö- rung an einem Wagen die ganze Zugfahrt ver- zögern kann. Diagnose ermöglicht vorbeugende Instandhaltung, sodass der Zugausfall vermie- den wird. Auf der InnoTrans gibt es am 20. September eine Podiumsdiskussion zum Thema „Digitalisierung des ÖPNV – Aspekte der Gegenwart und der Zukunft“. Was dürfen Fahrgäste denn erwarten, wenn sie in eine digitalisierte Straßen- bahn einsteigen? Das ganz große Ding ist die fahrerlose Straßenbahn. Das dürfte für die Fahrgäste durch viel kürzere An- gebotsintervalle als heute attraktiv sein. Diagnose im Mechanikteil wird auch hier in Zukunft ähnlich selbst- verständlich werden wie bei den Türen und so die Stillstandszeiten in den Werkstätten verkürzen und mehr Fahrzeuge für den Fahrdienst bereitstellen. Die InnoTrans gilt als Leistungsschau der Branche. Auf welche Innovationen sind Sie persönlich in diesem Jahr besonders gespannt? Ein ganz großes Ding wird die Fahrdrahthybridloko- motive der HVLE: eine sechsachsige Lok mit 500 kN Anfahrzugkraft, 7,5 MW Leistung unter dem Fahr- draht und 2,5 MW Leistung mit dem Diesel, alles in einer Lok. Gegenüber dem heute üblichen reinen Die- selbetrieb lassen sich so je Lok mehrere tausend Ton- nen CO 2 im Jahr einsparen. Fahrdrahthybridlokomotive Das Fachgebiet Schienenfahrzeuge der TU Berlin forscht über die gesamte Bandbreite der Bahntech- nik. Zu den Forschungsschwerpunkten gehören unter anderem die Themen Akustik von Schienen- fahrzeugen, Energieeffizienz sowie Telematik und Wartung bei Schienenfahrzeugen. Die Ergebnisse der Forschung fließen ein in Verkehrsgesetzgebung und Richtlinienwerke sowie in die Entwicklung und Modernisierung von Schienenfahrzeugen. Fortsetzung von Seite 14 Für das Forschungspro- jekt INNOWAG werden Sensoren auf Güterwa- gen installiert. Foto: TU Berlin Forschung für selbstfahrende Züge Konsortium will Erzgebirge zum Vorreiter bei automatisiertem Fahren machen Die Weichen sind nunmehr ge- stellt: Mit zahlreichen starken Partnern im Hintergrund, wie Eisenbahn-Bundesamt, TU Dres- den und dem Freistaat Sachsen bewarben sich die Stadt Anna- berg-Buchholz und die Techni- sche Universität Chemnitz mit ihrer Idee für den Zuschlag um Fördermittel des Bundesministe- riums für Bildung und Forschung (BMBF) für ein einzigartiges Mo- dellprojekt in Europa. Unter der Überschrift „Smart Rail Connecti- vity Campus“ sollen hoch automa- tisiertes Fahren auf Normalspur- gleisen der Bahn im Erzgebirge sowie ökologisches Fahren insbe- sondere mit hybriden Antrieben weiter erforscht und zur Realität werden. Die Voraussetzungen sind gege- ben: Bereits seit 2005 ist auf dem Bahnhof Annaberg-Buchholz Süd modernste elektronische Stell- werktechnik (ESTW) in Betrieb. Seit dem 19. Januar 2018 wird nun der Zugbetrieb der Erzgebirgs- bahn durch ein digitales Stell- werk (DSTW) vollautomatisch gesteuert. Mit der Strecke zwi- schen Annaberg-Buchholz und Schwarzenberg steht eine Trasse für Testfahrten zur Verfügung. Entwicklungsarbeiten zum säch- sischen Hybrid-Schienenfahrzeug- projekt „EcoTrain“ sind weit fort- geschritten und mit dem Unteren Bahnhof in Annaberg-Buchholz ist ein idealer Standort für die Ein- richtung eines Forschungscampus vorhanden. Erste Fördergelder in Höhe von 200000 Euro sind einge- gangen, bis zum Herbst 2018 muss ein detailliertes Konzept beim BMBF eingereicht werden. Die Herausforderungen sind an- spruchsvoll: Beim automatisier- ten Zugbetrieb spielen Kontrolle, Sicherheit und Überwachung der Trasse eine entscheidende Rolle. Wichtig ist auch, dass Personen, Signale, Umgebung und Bahnhö- fe interaktiv erkannt werden. Dazu sind unter anderem leis- tungsfähige Computer, Senso- ren, Kameras und Schnittstellen notwendig. Entlang der Trasse soll deshalb ein leistungsfähiges 5G-Datennetz aufgebaut werden. Annaberg-Buchholz in Sachsen Photo: Bodo Jacoby / pixelio.de
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