Hannover Messe 2019

•••3••• Interview Schweißroboter entlastet Werker DIEMESSE im Gespräch mit Dr.-Ing. Christian Henke, Forscher am Fraunhofer IEM Herr Dr. Henke, Schweißprozesse vollständig zu automatisieren, ist nicht immer wirtschaftlich. Wel- che Gründe gibt es dafür? Dreh- und Angelpunkt ist hier die Größe des jeweiligen Ferti- gungsauftrags. Das Automatisie- ren von Schweißprozessen lohnt sich gegenwärtig vorwiegend für große und mittlere Stückzahlen. Das automatisierte Schweißen einer Variantenvielfalt zahlt sich bislang nur aus, wenn die jewei- lige Gesamtstückzahl der Pro- duktvariante nicht zu gering ist. Der Programmieraufwand hinter dem automatisierten Schweißen ist schlichtweg zu hoch: Unter- nehmen programmieren neue Produktvarianten in einem ers- ten Schritt meist offline. Erst in einem zweiten Schritt wird das Programm im Teach-Modus opti- miert und in Betrieb genommen. Das Einrichten kostet also Zeit – so viel, sodass bei Einzelanferti- gungen à la Losgröße 1 eine rein händische Schweißarbeit immer noch schneller erledigt ist. Da der Trend in der Industrie jedoch klar in Richtung Indi- vidualisierung geht, gibt es Handlungsbedarf. Das Fraunhofer IEM hat ei- nen kollaborativen, sensor- geführten Schweißroboter entwickelt, der die Teilauto- matisierung eines bisher rein manuellen Schweißprozesses ermöglicht. Für welche An- wendungen bietet sich diese Lösung an? Bei einem teilautomatisier- ten Schweißprozess wird der Werker durch einen präzisen Roboterarm unterstützt, der ihm insbesondere langwierige und körperlich ermüdende Arbeit ab- nimmt. Das betrifft zum Beispiel die Bearbeitung großer Bauteile mit langen Schweißnähten. Die Teilautomatisierung eignet sich für Längs- und Rundnähte und für Mehrlagenschweißen – und vor allem dort, wo die Schweißvor- gänge lange andauern und eine gute Zugänglichkeit zum Bauteil gegeben ist. Der Schweißroboter muss im Gegensatz zum Werker die Schweißpistole nicht regelmä- ßig absetzen und kann sehr lange durcharbeiten. Der Werker behält trotzdem die Kontrolle über den Schweißprozess und kann flexibel eingreifen. Das Ergebnis die- ser Teamarbeit sind sehr ho- mogene Schweißnähte von hoher und gleichbleibender Qualität. Typische Anwen- dungsbereiche sind Schweiß- arbeiten bei Prozessappara- ten, Reaktoren, Tanks und Stahlträgern. Über ein Bedienpanel können Mitarbeiter den Schweißvor- gang konfigurieren. Warum entfällt dabei der üblicher- weise nötige Programmier- aufwand? Auf das Programmieren kön- nen wir dank vorgefertigter Programmmodule und kluger Sen- sorik verzichten. Der Werker wählt zunächst ein Schweißprogramm, das je nach zu bearbeitendem Ma- terial und Materialstärke vorkon- figuriert ist. Auch die benötigte Schweißnaht und die Bauteilgeo- metrie haben Einfluss darauf, ob er zum Beispiel den Modus „Rund- naht“ oder „Längsnaht“ wählt. Liegt das Bauteil in einer definier- ten Position, kann der Werker die Schweißnaht direkt aus der Kons- truktionszeichnung auswählen. Im nächsten Schritt führt der Werker den Roboter zur Schweißnaht und richtet die Schweißpistole aus. Hier kommen Sensoren ins Spiel, die die Naht selbstständig erfassen. Der Schweißprozess erfolgt dann automatisch. Gerade für kleine Be- triebe, die zwar über viel Prozess- expertise im Schweißen verfügen, aber keine eigenen Roboterpro- grammierer beschäftigen, ist die Lösung sehr interessant. Der Roboter nimmt dem Werker schwere körperliche Arbeit ab, die Kontrolle behält aber stets der Mitarbeiter. Weshalb ist das wich- tig? Gewisse Tätigkeiten übernimmt der Roboter komplett, und zwar zum Vorteil des Werkers: Er wird körperlich entlastet, weil er die Schweißpistole nicht minutenlang selbst führen muss. Der gesam- te Schweißprozess kann so also in einem Zuge erfolgen, selbst wenn er bei sehr langen Nähten auch gut und gerne eine Stunde dauern kann. Andere Tätigkeiten wie Kontrolle und Prüfung oblie- gen aber weiterhin dem mensch- lichen Teammitglied. Insbeson- dere bei individuellen Bauteilen ist der Schweißprozess sehr an- spruchsvoll und muss stetig ma- nuell bewertet werden. Der Wer- ker überwacht die Qualität und kann rechtzeitig Korrekturen vornehmen. Enge und verwin- kelte Stellen sind für Roboter oft nicht zugänglich. Hier kann der Werker den Prozess anhalten und den Schweißkopf manuell an die nächste Naht führen. An beson- ders kritischen Stellen, etwa am Anfang der Schweißnaht, muss er sich also voll auf den Schweißpro- zess konzentrieren. An manchen Bisher manuell durchgeführ- te Schweißarbeiten lassen sich mit sensorgeführten kollabo- rativen Robotern teilweise au- tomatisieren. Dabei wird der Werker durch einen präzisen Roboterarm unterstützt, der ihm langwierige und körperlich ermüdende Arbeit abnimmt, erläutert Fraunhofer-Forscher Dr.-Ing. Christian Henke im Ge- spräch mit DIEMESSE . Dr.-Ing. Christian Henke, Abteilungsleiter Scientific Automation am Fraunhofer IEM Foto: Fraunhofer IEM Fortsetzung auf Seite 7 Ein Team aus Mensch und Roboter sorgt für effiziente Schweißlösungen. Foto: Fraunhofer IEM Kontrolle und Prüfung #ALL4PACK BUCHEN SIE IHREN STAND kontakt: Amélie Teuma T. +49 (0) 221 13 05 09 03 a.teuma@imf-promosalons.de 23-26 NOV 2020 PARIS FRANKREICH www.al l4pack. com

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