Farbe 2019

••• 7 ••• Innovationen Nachhaltiges Bauen mit Textilbeton Innovativer Verbundwerksto : Wissenschaftler nutzen umweltfreundliche Naturfasern als Alternative T extilbeton ist der Baustoff der Zukunft. Er hat eine hohe Le- bensdauer, ermöglicht vielseitige Geometrien und leichte Konstruk- tionen. Anstatt mit Stahl ist er mit Carbon- oder Glasfasergewebe verstärkt. Ein Forscherteam des Fraunhofer-Instituts für Holzfor- schung, Wilhelm-Klauditz-Insti- tut (WKI) hat diese Gewebe jetzt durch umweltfreundliche Natur- fasern ersetzt. Damit kann die CO 2 -Bilanz des Betons bei gleicher Performance verbessert und die Herstellungskosten können redu- ziert werden. Das Geheimnis des Materials: ein Hochleistungsbeton, der anstatt durch Stahl mit Carbon-, Glas- faser- oder Kunststoffgeweben verstärkt ist. Forscher des Fraun- hofer WKI in Braunschweig wol- len diese Fasern durch ein Textil ersetzen, das auf nachwachsen- den Rohstoffen basiert und so zum Umwelt- und Klimaschutz beitragen. Dabei setzen sie auf einheimische Produkte, konkret auf Flachs, der sich im Spinn- oder Webverfahren weiterverarbeiten lässt. Je nach Bauteilanforderung ergänzen die Forscher den Flachs durch einzelne Stränge aus Poly- merfaser und kreieren so ein Mix- gewebe. Komplexe Strukturen Gewebt wird der Materialmix von den Forschern des Anwendungs- zentrums für Holzfaserforschung HOFZET des Fraunhofer WKI. Mit- hilfe einer Doppelgreifer-Webma- schine mit Jaquardaufsatz, die in Europa einzigartig ist, sind die Experten in der Lage, innovative Leichtbau-Verbundmaterialien mit komplexen, anwendungsspe- zifischen Gewebestrukturen und integrierten Funktionen herzu- stellen. Die Maschine ermöglicht es, herkömmliche und nachhalti- ge Materialien wirtschaftlich ef- fizient und technisch komplex zu kombinieren. Damit es nicht ver- wittert, kommt ein Hochleistungs- beton zum Einsatz, dessen Gefü- gedichtheit die Fasern praktisch vollständig vor schädlichen Ein- flüssen schützt. Zudem wird das gewebte Textil mit natürlichen Harzen modifiziert. Das Flachstex- til wird lagenweise in das jeweili- ge Bauteil eingebracht. Da die Steifigkeit des Textils einstellbar ist, lässt es sich in die gewünsch- te Form legen. Denkbar sind etwa gekrümmte Formen wie Kuppeln oder gerundete Wandelemente. Anschließend wird der flüssige Be- ton auf das Textil gegossen. Flachsgewebe in Leinwandbindung Foto: Jana Winkelmann Schutzschild für Bauwerke Ulmer Forscher entwickeln neuartige säureresistente Flüssigkeit Das Ulmer Münster, das Kolosseum in Rom oder die Pyramiden von Gizeh haben die glei- chen „Feinde“: Saurer Regen und Biofilme zerstören ihre Fassaden. Jetzt hat eine For- schergruppe um den Ulmer Chemie-Profes- sor Carsten Streb einen „Schutzschild“ ent- wickelt, der Steine unempfindlich gegenüber schädlichen Umwelteinflüssen macht. Die wasserabweisende und säureresisten- te Flüssigkeit (POM-IL) lässt sich als trans- parenter Schutzfilm auf Natursteine auf- tragen. In der Fachzeitschrift Angewandte Chemie stellen die Forscher die Oberflä- chenbeschichtung vor, die einen „Meilen- stein“ für Baubranche und Denkmalschutz markieren könnte. Die ionische („salzarti- ge“) Flüssigkeit, die sich unter anderem be- reits im Korrosionsschutz von Metallen be- währt, hat einen großen Vorteil: „Bei dieser Polyoxometallat-ionischen Flüssigkeit, kurz POM-IL, lassen sich Kation und Anion unab- hängig voneinander verändern. So können wir die Eigenschaften der Beschichtung den jeweiligen Umweltbedingungen anpassen“, erklärt Professor Carsten Streb. Im Zuge der nun veröffentlichten Studie haben die Forscher gleich zwei Varianten des Ober- flächenschutzes, POM-IL1 und POM-IL2, hergestellt und an drei Arten natürlicher Carbonatgesteine mit unterschiedlicher chemischer Zusammensetzung sowie Po- rösität (Belgischer Blaustein, Dom-Stein, Romery-Stein) erprobt. „Die mit POM-IL behandelten Steine haben ihre Form behal- ten, während die Oberflächen der naturbe- lassenen Steine teils stark verwittert und beschädigt waren – dieser Materialverlust bestätigte sich auf der Waage“, erklärt Erst- autorin Archismita Misra. Insgesamt zeigte POM-IL1 eine noch bessere Schutzwirkung, was belegt, dass sich die Eigenschaften der Flüssigkeiten anpassen lassen. Um Bauwerke wie das Kolloseum in Rom vor saurem Regen und Biofilmen zu schützen, könnte künftig eine neu- artige wasserabweisende und säure- resistente Flüssigkeit (POM-IL) aufge- tragen werden. Foto: Craig Zdanowicz on Unsplash Fassaden als neue Agrarflächen erschließt der erste an Luft ge- führte Bioreaktor, den die Hoch- schule Kaiserslautern zusammen mit der Hochschule Augsburg, dem Umweltcampus Birkenfeld und der TU Kaiserslautern ent- wickelt hat. Der Fassaden-Pho- tobioreaktor produziert mit ter- restrischen Mikroalgen Wirk- und Wertstoffe und kann gleichzeitig in die Umgebung und Technik ei- ner Fassade integriert werden. Das Fassadenmodul erschließt dadurch die zukunftsweisende Möglichkeit, in den wachsenden Städten die Fassaden als neue Ag- rarflächen zu nutzen. Fassaden als neue Agrarfl chen: Photobioreaktor nutzt Mikroalgen MIXOL-Stand: Halle 6 / Stand 6.113 Wir freuen uns auf Sie!

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