FachPack 2019

••• 7 ••• Innovationen D ie Wissenschaftler des Fraun- hofer-Instituts für Grenzflä- chen- und Bioverfahrenstechnik (IGB) arbeiten an Verfahren zur Funktionalisierung von Verpa- ckungsfolien. Um eine möglichst große Bandbreite an Oberflächen- eigenschaften herstellen zu kön- nen, verfolgt das IGB den Ansatz, Polymerfolien über Plasma-/CVD- und nasschemische Verfahren – oder Kombinationen dieser Tech- nologien – zu funktionalisieren. Dabei entstehen Barriereschich- ten gegen die Permeation von Sauerstoff und Wasserdampf für Umverpackungen ebenso wie Bar- riereschichten, die die Freisetzung von Polymeradditiven aus der Um- verpackung in Lebensmittel oder Pharmazeutika verhindern. Die Herausforderung dabei: Die Schichten müssen bis zu einem gewissen Maß elastisch sein, da- mit sie auf den Polymeren nicht brechen oder reißen. Die Fraun- hofer-Forscher realisieren die Be- schichtungen daher in Form meh- rerer, mechanisch voneinander entkoppelter Lagen, die „Schicht für Schicht“ sukzessive im Plasma abgeschieden werden. „Durch Optimierung verschiedener Pro- zessparameter wie der Art und Menge des eingesetzten Plasma- gases, der Anregungsfrequenz, der Gasströmung, dem Druck und der Behandlungszeit kön- nen wir nacheinander glasartige Schichten mit der gewünschten Barrierefunktion und silikonarti- ge elastische Zwischenschichten erzeugen“, erläutert Dr. Jakob Barz, Gruppenleiter „Plasma- technik und dünne Schichten“ am IGB. Auf diese Weise konnten die Forscher die Barrierewirkung von Kunststofffolien gegen Was- serdampf und Sauerstoff bis zum Faktor 1 000 gegenüber unbehan- deltemMaterial erhöhen. Biobasierte Barriereschichten Aktuell forscht das Fraunhofer IGB auch an biobasierten Schich- ten mit einer Barrierefunktion gegenüber Sauerstoff und Was- serdampf. Diese Barrierebeschich- tungen bestehen zu 100 Prozent aus natürlichen Ausgangsstof- fen und besitzen zusätzlich an- tioxidative oder antimikrobielle Eigenschaften. „Diese Filme und Beschichtungen stellen wir aus einer neu entwickelten wasserba- sierten Dispersion her, die unter anderem natürliche Wachse und Proteine enthält. Die Dispersion kann mit üblichen Beschichtungs- techniken verarbeitet werden“, erläutert Dr. Michaela Müller, Leiterin der IGB-Forschungs- gruppe „Polymere Grenzflächen und Biomaterialien“. Der große Vorteil: Die Schichten sind auch hundertprozentig abbaubar und können damit helfen, Plastikmüll zu reduzieren. Für eine Verände- rung von Oberflächeneigenschaf- ten, die für nachfolgende Pro- zessschritte, beispielsweise die Verklebung,benötigt werden, mo- difizieren die Stuttgarter Forscher Polymerfolien mit spezifischen chemisch funktionellen Gruppen. Eine Aminofunktionalisierung lässt sich mit Gasphasen- und nas- schemischen Prozessschritten auch auf den Randbereich von Verpackungsfolien beschränken und zur Laminierung der Folien nutzen. Physikalische Entkeimung Für eine längere Haltbarkeit von Le- bensmitteln muss die Verpackung frei von kontaminierenden Kei- men sein. Üblicherweise werden Mikroorganismen auf Verpackun- gen je nach Material durch Hitze, Gaseinwirkung, ionisierende oder UV-Strahlung inaktiviert. Eine ma- terialschonende Alternative zur Sterilisation bei hohen Temperatu- ren sind die am IGB eingesetzten Niedertemperaturplasmen. Sie eig- nen sich nicht nur zur Erzeugung von Schichten, sondern können aufgrund reaktiver Moleküle und UV-Strahlung im Plasmagas auch Mikroorganismen inaktivieren. „Mit der Plasmasterilisation wer- den selbst hochresistente Endospo- ren verschiedener Bacillus-Arten schon nach relativ kurzen Behand- lungszeiten vermehrungsunfähig“, sagt Barz. Daneben haben Wissen- schaftler am Fraunhofer IGB die UV-Behandlung weiterentwickelt, um die Zahl vermehrungsfähiger Mikroorganismen auf Oberflächen zu minimieren. Mit neuen, speziell konzeptionierten Excimer-Lampen oder neuester UV-LED-Technologie können Verpackungsfolien effek- tiv und schnell sterilisiert werden. Diese Verfahren können auf Verpa- ckungsmaschinen hochskaliert und an individuelle Anforderungen an- gepasst werden. Der Markt der Verpackungsfolien ist sehr preissensitiv. Daher ent- wickelt das Fraunhofer FEP hoch produktive Veredlungsverfahren, die insbesondere durch sehr hohe Geschwindigkeiten gekennzeich- net sind. Ein Beispiel ist die Her- stellung von transparenten Barri- ereschichten aus Aluminiumoxid gegen äußere Einflüsse wie Feuch- tigkeit oder Sauerstoff auf Kunst- stofffolien mittels plasmaakti- vierter Hochratebedampfung bei Bahngeschwindigkeiten von meh- reren Metern pro Sekunde. Sichere Lebensmittel und weniger Müll Forscher entwickeln Spezialfolien und dünnste Beschichtungen für die Verpackungsindustrie 1,25 Meter breites Foliensubstrat an der Rolle-zu-Rolle-Beschichtungsanlage atmoFlex 1250 Foto: Fraunhofer FEP, Ronald Bonss

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