EuroBlech 2018

•••3••• Interview Umformen und Fügen in nur einem Schritt DIEMESSE im Gespräch mit Dr.-Ing. Sven Hübner, Bereichsleiter am IFUM in Hannover Herr Dr. Hübner, für die Herstel- lung von Blechbauteilen ist Tiefzie- hen das am weitesten verbreitete Verfahren. Warum waren bislang bis zum fertigen Bauteil mehrere Arbeitsschritte notwendig? Eine tiefgezogene Baugruppe – etwa der Schalldämpfer im Ab- gasbereich von Verbrennungs- motoren – braucht bislang fünf einzelne Arbeitsschritte, bevor sie verschweißt und wirklich einsatzbereit ist. Das liegt insbesondere am Schweißprozess, der nicht vollständig spritzerfrei ist und deshalb bislang nicht in die Umformwerkzeuge inte- griert werden konnte. Am IFUM haben Sie ein Ver- fahren entwickelt, das Um- formen und Fügen in nur einem Schritt ermöglicht. Welche Hürden waren dabei zu meistern? Die größte Hürde war es tatsächlich, den Schweiß- prozess in die Tiefziehstu- fe zu integrieren, und zwar ohne die Verweildauer des Bauteils in der Presse zu verlängern. Spritzer beim Schwei- ßen verursachen einen hohen Werkzeugschaden, wenn sie sich an den Umformwerkzeugen ab- lagern. Wir mussten also solche Schweißspritzer unterbinden. Das ist uns mit einer Weiterent- wicklung des Buckelschwei- ßens gelungen, bei der unter anderem das magnetische Feld, die elektrische Isola- tion und die Übertragung der Elektrodenkräfte im Prozess berücksichtigt wer- den. Auf diese Weise ist es uns gelungen, dass die Inte- gration des Schweißens in die Tiefziehstufe weder die Qualität des Tiefziehergeb- nisses noch die guten Ver- bindungseigenschaften be- einträchtigt. Für welche konkreten Ferti- gungsszenarien bietet sich der neue Ansatz an? Unser Verfahren ist zusätz- lich extrem präzise und bie- tet sich insbesondere für die Mit- tel- und Großserienfertigung von Blechbauteilen etwa in der Auto- mobilbranche an. Ein Beispiel ist die Baugruppenfertigung im Be- reich der Elektromobilität. Grund- sätzlich kann unser Werkzeugsys- tem aber in jeder konventionellen Presse angewendet werden. Welche Vorteile bringt das Verfah- ren der Industrie – insbesondere hinsichtlich Effizienz und Kosten? Tiefziehen, Fügen und Kalibrieren dauern nur noch drei Sekunden und reduzieren die Kosten um bis zu 50 Prozent. Die Ersparnis erstreckt sich dabei auf mehre- re Kostentreiber: vor allem auf Lohn- und Fertigungskosten, aber auch auf Lagerungs- und Trans- portkosten. Ein neues, extrem präzises und effizientes Verfahren ermög- licht das Umformen und Fügen von Blechbauteilen in nur einem Arbeitsschritt. Welche Hürden dabei zu meistern waren und welche Vorteile das innovative Werkzeugsystem mit Blick auf Effizienz und Kosten bringt, skizziert Umformtechnik-Ex- perte Dr.-Ing. Sven Hübner im Gespräch mit DIEMESSE . Weniger Kosten Dr.-Ing. Sven Hübner, Bereichsleiter am Institut für Umformtechnik und Umformma- schinen, Produktionstechnisches Zentrum Hannover Foto: Helge Bauer Fortsetzung auf Seite 4

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