CEBIT 2018
••• 7 ••• Interview „Sensoren geben uns die wahre Antwort“ DIEMESSE im Gespräch mit Dr. rer. nat. Nicolas Großmann, Wissenschaftler am DFKI Ein neues Labor für digitale Lehr- und Lernmethoden – das „Im- mersive Quantified Learning Lab“ (iQL) – hat das DFKI gemeinsam mit der TU Kaiserslautern ins Le- ben gerufen. Welche Überlegun- gen stehen dahinter? Die Arbeitsgruppe „Smarte Daten undWissensdienste“ von Prof. And- reas Dengel am DFKI arbeitet bereits seit einiger Zeit mit der „AG Didaktik der Physik“ von Prof. Jochen Kuhn der TU Kai- serslautern imProjekt „Hyper- Mind – das antizipierende Schulbuch“ zusammen. Da- bei geht es darum, ein Schul- buch zu entwickeln, welches mit Sensoren erkennt, ob ein Schüler gerade Hilfe benötigt und in welcher Form. Auf- grund der vielversprechenden Ergebnisse haben wir uns ent- schlossen, ein solches Projekt auf einer größeren Skala anzu- bieten. So haben wir mit dem iQL eine realitätsnahe Umgebung geschaffen, in der wir mit mehre- ren und verschiedenen Sensoren arbeiten und die Dynamik einer Unterrichtssituation widerspiegeln können. So lassen sich Versuche mit mehreren Teilnehmern gleichzeitig und unter identischen Bedingungen durchführen. Zudem ergeben sich aus dem Zusammenspiel verschie- dener Technologien auch neue For- schungsansätze. Zum Einsatz kommen verschiede- ne Technologien, darunter Eye-Tra- cking, Sprach- und Gestenerkennung oder Augmented Reality. Welche Er- kenntnisse erhoffen Sie sich davon? Die Sensoren erlauben uns einen Einblick in das Lern- verhalten, der sonst nicht möglich ist. Nehmen Sie zum Beispiel Eye-Tracking. Aus diversen Studien weiß man, dass dort, wo der Blick hinwandert, auch normaler- weise die Aufmerksamkeit des Probanden liegt. Wo das genau ist und wie stark die Aufmerksamkeit an be- stimmten Stellen ist, würde sich ohne entsprechende Sensorik gar nicht messen lassen. Auch können wir an- hand der Blickbewegungen vorhersagen, mit welcher Sicher- heit jemand eine Frage beantwor- tet, beispielsweise ob derjenige die Antwort nur erraten hat oder sicher wusste. Natürlich lässt sich das auch klassisch mit einem Fra- gebogen erfassen, doch sind die Ergebnisse da oft nicht spontan. Der Proband muss überlegen, was er nun ankreuzt. Die Senso- ren geben uns dahingegen die un- bewusste, wahre Antwort. Kombiniert mit intelligenten Al- gorithmen, wie beispielsweise Deep-Learning-Verfahren, sollen die gewonnenen Daten auch neue Einblicke in Lernprozesse ermögli- chen. Was heißt das konkret? Wie gerade erwähnt, lässt sich die Sicherheit der Beantwortung ei- ner Frage mithilfe von Blickbewe- gungen vorhersagen. Damit das aber überhaupt möglich ist muss zuerst erfasst werden, welche Verhaltensmuster auf eine siche- re Antwort hindeuten und welche auf eine unsichere. Dazu lassen wir erst eine große Anzahl von Fragen beantworten, nehmen jeweils die Blickbewegungen auf und lassen dies mithilfe eines Deep-Learning- Verfahrens analysieren. Im Klassenzimmer der Zukunft bleibt dem Lehrer wohl nichts mehr verborgen: Hochspan- nende Technologien wie Eye- Tracking oder Sprach- und Ges- tenerkennung könnten künftig ganz neue Einblicke in das Lern- verhalten der Schüler geben. Welche neuen Lehr- und Lern- methoden das Deutsche For- schungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) entwickelt, er- läutert Dr. Nicolas Großmann im Gespräch mit DIEMESSE . Dr. rer. nat. Nicolas Großmann, Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) Foto: DFKI Fortsetzung auf Seite 9 Stellenmarkt
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy NjM5MzU=