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•••4••• Branchennews Oberflächentechnik Umsatz legt im Jahr 2022 zu Die wirtschaftliche Lage der Ober f lächentechnik zeigt sich zufriedenstellend. Die Frühjahrsblitzumfrage des Fachverbands Allgemeine Lufttechnik ermittelte für die Oberflächentechnik für 2022 ein Umsatzplus von nominal 8 Prozent. Für das laufende Jahr 2023 rechnen die Unternehmen der Branche mit einem Umsatzzuwachs von nominal 6 Prozent. Chancen am Markt Gründe für die positive Entwicklung liegen in der Erschließung neuer Abnehmerbranchen für Beschichtungsanlagen, beispielsweise die Batter ieproduktion. Darüber hinaus steigt das Instandhaltungsgeschäft, da alte Anlagen nicht ersetzt, sondern bestmöglich überholt werden. Die wachsende Nachfrage nach Automatisierung und Digitalisierung spielt hierbei eine wichtige Rolle. Denn der Einsatz moderner Ober flächentechnik in Zusammenhang mit dem Um- und Ausbau der Energieversorgung, bietet sowohl bei neuen Anlagen als auch bei Bestandsanlagen großes Energieeinsparpotential. Aktuelle Herausforderungen Trotz des positiven Geschäftsverlaufs in der Oberflächentechnik ist Unsicherheit im Markt zu spüren. Einerseits bestehen bei den Unternehmen hohe Auftragsbestände, die derzeit abgearbeitet werden. Auf der anderen Seite verläuft die kundenseitige Vergabe neuer Aufträge zögerlich, auch bedingt durch die generelle Investitionszurückhaltung. Zudem können aufgrund fehlender Komponenten bei der Fertigung Auslieferungstermine nicht wie geplant erfolgen. Dies wiederum führt zu Umsatzverschiebungen aus dem Vorjahr in das Jahr 2023. Das derzei t zurückhaltendes Konsumverhalten der Endverbraucher dämpft die Investiti - onsfreude in Kundenindustrien der Lackier technik. Betrof fen sind beispielsweise die Automobilzuliefererbranche und die Möbelindustrie – zwei wichtige Abnehmerbranchen der Oberflächentechnik. Sowohl im Hinblick auf Neuinvestitionen als auch hinsichtlich Vorratslagerhaltung zur Absicherung der Lieferfähigkeit, erschweren darüber hinaus die steigenden Zinsen die Geschäftstätigkeit. Die Vielzahl der aktuellen Herausforderungen und Krisen und damit die Kombination der möglichen Szenarien sowie die Ableitung der Handlungsoptionen daraus, stellt die Unternehmen vor wesentliche Herausforderung. Dazu kommen stetig steigende Bürokratielasten, die bereits jetzt ein für mittelständische Unternehmen kaum zu bewältigendes Ausmaß erreicht haben. Die wirtschaftliche Lage der Oberflächentechnik zeigt sich zufriedenstellend Foto: Pixabay In vier Schritten von der Idee bis zur Anwendung Automatisierung von morgen schon heute erfolgreich umsetzen Wie das konkret aussieht, zeigt das zweigeteilte Exponat. Der eine Teil mit klassischem Griff-in-die-Kiste führt vor, wie Objekte aus Kisten mit gemischtem Inhalt zuverlässig erkannt und gegriffen werden. Zudemwerden Verhakungen automatisch erkannt und die Entnahmebahn des Roboters so geplant, dass sich die Verhakung löst. Der andere Exponatsteil zeigt, wie unterschiedliche Gebinde auf einer sortenreinen Palette erkannt und gegriffen werden. Ein Roboter schichtet die Gebinde passend um. Zum Angebot rund um das zuverlässige Greifen nahezu beliebiger Objekte gehören auch virtuelle Machbarkeitsuntersuchungen. Unternehmen können so schnell und ohne Investitionen inMaterial dieMachbarkeit einer Griff-in-die-Kiste-Anwendung prüfen lassen. Sie erhalten Aussagen über das passende Zellenlayout, die Hardware, die Greifbarkeit vieler Werkstückgeometrien und weitere Informationen wie mögliche Taktzeiten, Verfügbarkeiten und Griffe pro Stunde. So liegt eine umfassende Analyse als Entscheidungsgrundlage vor.Neben dem Greifen aus einer Kiste erreichen auch immer mehr Fragen rund um das Ablegen in eine Kiste die Experten am Fraunhofer IPA. Dieser Vorgang wird insbesondere durch den boomenden Onlinehandel immer wichtiger. Das Exponat zum „Bin Packing“ führt vor, wie auch dies vollautomatisiert möglich wird. Tim Nickel, Mitentwickler der Anwendung, erklärt deren Vorteile: „Ohne zuvor eingelernte Daten zu den Objekten kann das Robotersystem Freiformen platzsparend und ohne Packmuster oder Vorkommissionierung greifen und sauber in einen Karton ablegen. Wir erreichen hiermit eine fünf Prozent höhere Verpackungsdichte und das bei deutlich reduzierten Vorbereitungsaufwänden.“ Die Gäste können auf dem Messestand mit dem Roboter interagieren, indem sie ihm ein Objekt anreichen und dieser es ohne Vorbereitung greift und einpackt. Auch für das Bin Packing sind Machbarkeitsstudien in Simulationen möglich. Konzepte in der Produktion implementieren Schließlich bietet Fraunhofer auch umfangreiche Möglichkeiten zur finalen Realisierung einer Anwendung. Wie das aussehen kann, zeigt das Fraunhofer IPA beispielhaft mit drei Exponaten. So adressiert die Software „pitasc“ eine häufige Hürde für die Montageautomatisierung, nämlich die Variantenvielfalt, die bisher mit hohen Programmieraufwänden einhergeht. Diese Aufwände machen den Einsatz von Robotik schnell unwirtschaftlich. Genau hier setzt pitasc an: Mit der Software muss eine Montageaufgabe nicht mehr Punkt für Punkt programmiert werden. Stattdessen erfolgt die Programmierung relativ zumWerkstück strukturiert und modular basierend auf Daten, die Sensoren am Roboter liefern. Vorgefertigte, wiederverwendbare Programmmodule helfen dabei, insbesondere knifflige, kraftgeregelte Montageanwendungen schneller als bisher umzusetzen und ermöglichen eine effiziente Anpassung an neue Varianten. „So können zum Beispiel die Position des Roboters, die Vorrichtungen und sogar der Endeffektor ohne Neuprogrammierung gewechselt werden“, erklärt Anwar Al Assadi, Gruppenleiter am Fraunhofer IPA, die Vorzüge der pitasc-Lösung. Einen anderen Ansatz für eine bessere Planung und Durchführung einer Montage verfolgt eine Ausgründung des Fraunhofer IPA. Das Start-up entwickelt die auf Künstlicher Intelligenz (KI) basierende Software „Assemblio“ Assembly Suite, die CAD-STEP-Dateien analysiert und auswertet. Jedes CAD-System kann diese informationsreichenDateien generieren. Sie liefern der „3D-Analyse-KI“ alle notwendigen Informationen, um strukturierte Montageinformationen präzise abzuleiten. Eine zweite Komponente von Assemblio ist der „Assembly Composer“, der die extrahierten Montageinformationen einliest und in ein Tool für die Montageplanung einspeist. Das Tool zeigt montagerelevante Informationen vereinfacht grafisch an, sodass die Montage spielend einfach und fehlerfrei planbar ist. Die KI-Montageassistenz „KIM“ erstellt automatisch und kostengünstig Montageassistenzen zur interaktiven Unterstützung des Personals. Die Assistenz ist variabel und kann 2D- oder 3D-basiert sein. Alexander Neb, CEO der Ausgründung: „Erste Nutzerstudien zeigen eine Zeitersparnis von bis zu 92 Prozent, wenn Assemblio zumEinsatz kommt.“ Ab Juli dieses Jahres wird die Software kommerziell verfügbar sein. Ein drittes Beispiel für erfolgreiche Anwendungsrealisierungen ist das Reinraumsystem CAPE®. Dies ist ein flexibles Reinraumsystem, das eine Luftreinheit der ISO-Klassen 1 bis 9 realisiert. Ähnlich wie bei Zelten lässt sich das CAPE®-System innerhalb weniger Stunden bzw. weniger Tage aufbauen und in Betrieb nehmen. In den vergangenen Jahren haben die Wissenschaftler das CAPE® zu einer ganzen Produktfamilie erweitert. „Neuestes Familienmitglied ist unser DryClean-CAPE®, das wir auf der automatica zeigen. Es schafft nicht nur eine reine Produktionsumgebung, sondern gleichzeitig auch eine mit sehr geringer Luftfeuchtigkeit, beispielsweise einem Taupunkt von -50°C“, erklärt Frank Bürger, Gruppenleiter am Fraunhofer IPA. In der industriellen Batteriezellenproduktion ist das DryClean-CAPE® bereits im Einsatz, aber auch für die Automobilproduktion oder die Luft- und Raumfahrt ist die Technologie entscheidend. Fortsetzung von Seite 3

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