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•••3••• Interview Virtuelles Training fürmehr Arbeitsschutz DIEMESSE im Gespräch mit Prof. Dr. Markus König, Ruhr-Universität Bochum Der Arbeitsschutz auf Baustellen ist ein wichtiges Thema. Wie stellt sich die Situation aktuell dar? In Deutschland wird schon sehr viel für den Arbeitsschutz auf Bau- stellen getan. Wir glauben jedoch, dass insbesondere die Planung und Durchführung des Arbeits- schutzes durch digitale Methoden noch besser unterstützt werden kann. Des Weiteren gibt es neue Technologien, die eine aktive War- nung und kontinuierliche Prüfung des Arbeitsschutzes noch besser ermöglichen. Wie mehr Arbeitssicherheit auf Baustellen erreicht werden kann, untersuchen Sie in dem Projekt „Sicheres Arbeiten auf der digitali- sierten Baustelle“. Welche konkre- ten Ziele verfolgen Sie damit? Das Projekt DigiRAB (http:// www.digirab.de ) möchte eine durchgängige digitale Planung, Schulung, Umsetzung und Steu- erung eines proaktiven Arbeits- schutzes auf Baustellen auf Basis von smarten Technologien und cloudbasierten Dienstleistungen entwickeln. Ein wesentliches Ziel ist es, dass die Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinato- ren Gefahrenstellen mithilfe von digitalen Assistenzsystemen ein- facher identifizieren und beurtei- len können. Auf Basis dieser Bewertung erfolgt die Pla- nung und Umsetzung von Technologien zur proakti- ven Vermeidung von Unfäl- len. Anschließend können projektspezifische und indi- viduelle Schulungen durch- geführ t werden. Durch geeignete Erfassungstech- nologien werden die Ge- fahrenstellen kontinuierlich erfasst und ausgewertet, um schnell ein individuelles Feedback geben zu können oder eine gezielte Nachschu- lung vorzunehmen. In dem Projekt setzen Sie beste- hende dreidimensionale Modelle für die Entwicklung virtueller Rea- litäten um. Welche Herausforde- rungen sind hierbei zu meistern? Eine große Herausforderung ist die Aufbereitung dreidimensiona- ler Modelle für den Arbeitsschutz. Solche digitalen Modelle müssen die notwendigen Informationen enthalten, die im Rahmen einer Gefahrenbewertung zu analyisie- ren sind. Des Weiteren müssen regelbasierte automatisierte Aus- wertungen vorgenommen wer- den, zum Beispiel von Sicherheits- abständen oder Fahrtwegen von Baumaschinen. Welches Equipment kommt zum Einsatz? Im Rahmen des Projektes wer- den verschiedene Technologien eingesetzt. Die Lokalisation von Arbeitern, Maschinen und Arbeitsgeräten auf Bau- stellen erfolgt mittels Sen- soren. Es wurde unter ande- rem ein smarter Schutzhelm mit Sensoren zur Erfassung der Luftfeuchtigkeit, Um- gebungstemperatur und Lichtstärke entwickelt. Die- ser erlaubt es Arbeitern, Grenzwerte und sichere Arbeitsbedingungen einzu- halten. Auch robuste Kolli- sionswarnsysteme aus dem Untertagebau werden im Projekt eingesetzt. Die Umset- zung der interaktiven Schulung erfolgt unter Verwendung von ak- tuellen Virtual-Reality-Brillen und Head Mounted Displays. Welche Szenarien lassen sich bis- lang simulieren, was planen Sie darüber hinaus? Im Rahmen des Projektes wurden erste Regeln zur automatisierten Prüfung des Arbeitsschutzes auf Baustellen umgesetzt. Ein digita- les Baustellenmodell ist hierzu die Grundlage. Falls bestimmte Ein- richtungen oder Abstände nicht eingehalten werden, werden die Gefahrenstellen im Modell vi- sualisiert. Erste Prototypen zur Erfassung von Umgebungsbe- dingungen mithilfe von smarten Schutzhelmen sind verfügbar. Auch die Lokalisation von Ma- schinen und Arbeitern auf Baustellen wurde schon getestet. Zur interaktiven Schulung von Gefahrensi- tuation im Umfeld von Bau- maschinen sind erste Szena- rien entwickelt worden. Im weiteren Fokus stehen auch intelligente Baugeräte, die zum Beispiel Warnungen bei unberechtigter beziehungs- weise bei zu langer und da- mit gesundheitsschädlicher Nutzung geben. Erklärtes Ziel ist der Praxisein- satz der interaktiven Schulun- gen. Welche ersten Erfahrun- gen haben Sie bereits gesammelt? Für einen Anwendungsfall – Ge- fahren beim Arbeiten in der Nä- he von großen Baumaschinen – wurde eine interaktive Schulung unter Verwendung von virtueller Realität (VR) umgesetzt. Der Pro- band kann sich dabei mithilfe ei- ner VR-Brille auf einer simulierten Baustelle frei bewegen und muss bestimmte Arbeiten ausführen. Die Arbeiten finden in der Nähe von Baumaschinen ohne spe- zielle Sicherungen statt. Der Pro- band muss dabei ständig aufpas- sen, dass kein „virtueller“ Unfall passiert. Anschließend werden Sicherheitsabsperrungen einge- führt. Die Anzahl der „virtuellen“ Unfälle kann deutlich verringert werden: Erste Versuche haben ge- zeigt, dass der Proband durch die immersive virtuelle Umgebung deutlich besser bezüglich der Ge- fahren sensibilisiert wird. Ein Ausblick: Wie sieht Ihre weitere Roadmap für das Projekt aus? Das Projekt befindet sich aktu- ell im ersten Jahr der Förderung durch das BMBF im Rahmen der Fördermaßnahme „Arbeit in der digitalisierten Welt“. Insbeson- dere die Assistenzsysteme für die Sicherheits- und Gesundheits- schutzkoordinatoren sind noch in der Entwicklung. Zusammen mit den Industriepartnern werden in den nächsten Monaten noch um- fangreiche Tests durchgeführt. Wir hoffen, dass nach Ende der Förderung recht schnell die An- sätze zum digitalisierten Arbeits- schutz von den unterschiedlichen Betrieben der Bauindustrie über- nommen werden. Mit interaktiven Virtual-Reality- Schulungen wollen Bochumer Forscher Baustellen sicherer machen. „Der Proband muss dabei ständig aufpassen, dass kein ‚virtueller‘ Unfall passiert“, erklärt Prof. Dr. Markus König das Konzept. Welche Heraus- forderungen dabei zu meistern sind, erläutert er im Gespräch mit DIEMESSE . Prof. Dr. Markus König, Lehrstuhl für Informatik im Bauwesen, Ruhr-Universität Bochum Foto: RUB / Marquard Konzept des Projekts DigiRAB: Den Arbeitsschutz auf Baustellen wollen Bochumer Forscher mit cloudbasierten Lösungen verbes- sern. Foto: RUB

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