ACHEMA Pulse 2021

•••3••• Innovationen Für jeden Bedarf die optimale Umformtechnik Technologiebaukasten für die Bipolarplattenproduktion von Brennstoffzellen Das Interesse und der Bedarf an Brennstoffzellen steigen konti- nuierlich. Besonders im Mobili- tätssektor bieten sie eine vielver- sprechende, umweltfreundlichere Alternative zu fossilen Energieträ- gern. Doch um den Weg in die Massen- produktion zu finden, muss die Herstellung von Brennstoffzellen noch einfacher und günstiger wer- den. Große Potenziale zur Kosten- einsparung finden sich vor allem in der Produktion der Bipolarplatten. Als zentrales Element der Brenn- stoffzelle regeln sie die Zufuhr von Wasserstoff und Luft sowie die Abgabe von Wasserdampf und Energie. Von entscheidender Be- deutung ist hierbei das Design des Flussfeldes, das die Kanalstruktu- ren der Bipolarplatte bildet. Durch diese Kanäle strömen die beteilig- ten Gase. Je größer die Oberfläche ist und je ebener die Platten sind, desto besser interagieren die Bi- polarplatten mit den übrigen Kom- ponenten der Brennstoffzelle und desto höher ist der Wirkungsgrad. Ihre Gestalt erhalten die Bipolar- platten und ihr Flussfeld während des Umformungsprozesses. Mit diesem Produktionsschritt kennt man sich sowohl am Fraunhofer- Institut für Werkzeugmaschi- nen und Umformtechnik IWU in Chemnitz als auch am Fraunhofer- Institut für Produktionstechnolo- gie IPT in Aachen sehr gut aus und hat daher beschlossen, die vor- handenen Kompetenzen in einem gemeinsamen virtuellen Techno- logiebaukasten zu bündeln. Entscheidungshilfe bei Technologie und Material „Meist beabsichtigen die Unter- nehmen, die sich an uns wenden, in die Produktion von Brennstoff- zellen zu investieren. Sie haben grundsätzliche Vorstellungen, was das Umformverfahren anbetrifft, sind sich jedoch unsicher, welche wirtschaftlichen Konsequenzen deren Einsatz bedeutet. So sind zum Beispiel Ausbringungsmen- gen und Herstellungskosten be- sonders schwer bewertbar“, er- klärt Dr. Ulrike Beyer, Leiterin der TaskForce Wasserstoff@IWU. „Durch unseren Technologiebau- kasten können wir dank evidenz- basierter Analysen die Ausgangs- lage ergebnisoffen betrachten, die verschiedenen Abhängigkei- ten systematisiert berücksichti- gen und so für jeden Bedarf eine passgenaue technologische Lö- sung entwickeln.“ Als Parameter für die Entschei- dung ziehen die Forscher neben Anlagen- und Werkzeugkosten und der Produktionsmenge auch die erzielbaren Umformergebnis- se wie Größe, Ebenheit und ab- bildbares Flussfelddesign heran. Hydroforming, Hohlprägen, Walz- prägen, Formpressen – je nach in- dividuellem Schwerpunkt ändert sich, welches der möglichen Um- formverfahren das vielverspre- chendste ist, so Beyer: „Während beispielsweise das Hohlprägen und das Hydroforming für eine hohe Qualität der Bipolarplatte sorgen, gestattet bisher einzig das Walzprägen eine signifikante Erhöhung der Ausbringungsmen- ge. Letzteres hat dafür aber wie- der an anderen Stellen noch seine Schwächen.“ Auch das verwendete Ausgangs- material bestimmt die Wahl des Umformungsverfahrens, weiß Dr. Christoph Baum, Geschäftsführer des Fraunhofer IPT: „Ursprünglich hat man vor allem mit Komposit- materialien gearbeitet. Diese ver- sprechen eine lange Leistungs- dauer der Brennstoffzelle, eignen sich aber nur bedingt für die Mas- senproduktion, da sie in ihrer Her- stellung aufwendiger und teurer sind. Außerdem bleibt bei Kompo- sitmaterialien die Werkstoffdicke auch nach der Verarbeitung recht hoch. Ein Brennstoffzellenstack wird so schnell sehr groß, was et- wa bei einem Einsatz in Fahrzeu- gen unpraktisch ist. Daher setzen wir nun verstärkt auf Metalle wie Stahl und erzielen damit in der Re- gel bessere und kostengünstigere Ergebnisse.“ Zusätzlich ist je nach Technologieauswahl auch die Rei- henfolge der Produktionsschritte variabel, sodass beispielsweise die Beschichtung der Bipolarplat- ten je nach geplanter Anwendung schon vor oder besser erst nach der Umformung erfolgen sollte. Auch hier gibt der Technologie- baukasten Orientierung. Ziel: Technologie­ baukasten für gesamte Brennstoffzellen­ produktion Gegenwärtig baut das Fraunhofer- Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA einen Webauftritt für den Technologie- baukasten auf, der in Kürze verfüg- bar sein wird. Zielgenaue Beratun- gen zur idealen Umformung sind aber schon jetzt möglich. Mittelfristig ist eine Erweiterung des Technologiebaukastens um zu- sätzliche Produktionsschritte und Brennstoffzellenkomponenten in Kooperation mit weiteren Fraun- hofer-Instituten geplant. „Unser Ziel ist eine große, übergeordnete digitale Plattform, in der einzel- ne Produktionsschritte sichtbar sind und miteinander verknüpft werden können, um in einem kon- kreten Fall schnell die optimale Kombination zur Herstellung einer kompletten Brennstoffzelle zu fin- den“, so Beyer. Realisierbar wäre dies mit dem „Nationalen Aktions- plan Brennstoffzellenproduktion“ der Fraunhofer-Gesellschaft, an dessen Ausgestaltung zurzeit ge- arbeitet wird. Udo Eckert, Gruppenleiter Mikrosystemfertigung, aus der Abteilung Funktionsoberflächen/Mikrofertigung am Fraunhofer IWU prüft im Mikro-Bearbeitungszen- trum des IWU die Finish-Bearbeitung eines gefrästen Werkzeugs für den Einsatz bei der Bipolarplattenferti- gung für Brennstoffzellen. Foto: Fraunhofer IWU GDCh-Wissenschaftsforum Chemie erstmals digital Wichtigster Chemiekongress im deutschsprachigen Raum präsentiert internationale Spitzenforschung Das GDCh-Wissenschaftsforum Chemie (WiFo) 2021 findet vom 29. August bis 1. September statt, pan- demiebedingt erstmals vollständig online. Veranstaltet wird der wich- tigste Chemiekongress imdeutsch- sprachigen Raum mit meist über 2000 Teilnehmer aus dem In- und Ausland von der Gesellschaft Deut- scher Chemiker (GDCh). Auf dem wissenschaftlichen Programm steht internationale Spitzenfor- schung zu gesellschaftlich relevan- ten „Megathemen“ wie Infekti- o n s f o r s c h u n g , E n e r g i e , Nachhaltigkeit und Klimafor- schung. Zahlreiche Symposien wid- men sich außerdem unterschiedli- chen Fachgebieten der Chemie. Darüber hinaus werden einige der renommiertesten Preise der GDCh verliehen – unter anderem der mit 50000 Euro dotierte Karl-Ziegler- Preis sowie der neu eingeführte Hildegard-Hamm-Brücher-Preis für Chancengleichheit in der Chemie. Eine Posterausstellung und eine Jobbörse ermöglichen vor allem dem wissenschaftlichen Nach- wuchs, sich in einem veranstal- tungsarmen Jahr zu präsentieren. GDCh-Präsident Prof. Dr. Peter R. Schreiner Foto: K. Friese Fortsetzung von Seite 1 Fortsetzung auf Seite 6

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