DOMOTEX 2018
••• 10••• Innovationen Vom Baum zum Strukturschaum Spitzenforschungscluster entwickelt nachhaltigen Kunststoff aus Biomaterialien für Bodenbeläge A m Fraunhofer-Institut für Mi- krostruktur von Werkstoffen und Systemen (IMWS) wurden in einem Verbundforschungsprojekt des Spitzenclusters BioEconomy Kunststoffe aus Biomasse entwi- ckelt. Entstanden sind nachhaltige Biopolymere auf Basis von Tallöl, die als Bodenbeläge und Struktur- schaumstoffe im Haus- und Mö- belbau genutzt werden können. Unzählige Produkte des täglichen Lebens werden aus Erdöl herge- stellt. Doch der Rohstoff ist eine endliche Ressource. Um den in- dustriellen Bedarf langfristig zu decken und das Klima zu scho- nen, müssen Alternativen auf Ba- sis nachwachsender Rohstoffe gefunden werden, die fossile Roh- stoffe in der Zukunft ersetzen. Ganzheitliche Nutzung Im unlängst abgeschlossenen Forschungsvorhaben „Effimat“ haben sechs Projektpartner ge- meinsam an einer solchen Lösung gearbeitet: das Fraunhofer IMWS, das Fraunhofer-Zentrum für Che- misch-Biotechnologische Prozesse (CBP) sowie verschiedene Indust- riepartner. Ziel war es, Biopolyme- re für Bodenbeläge und Schaum- stoffe und darauf abgestimmte Verarbeitungstechnologien zu entwickeln. Solche Produkte wer- den bisher auf Erdöl-Basis produ- ziert. Im Projekt gelang es, sie aus Tallöl herzustellen, das als Neben- produkt bei der Herstellung von Zellstoff aus Holz anfällt. Der Ansatz des Clusterprojektes bestand in der ganzheitlichen Nut- zung des Rohstoffs Holz. So woll- ten die beteiligten Unternehmen und Forschungseinrichtungen neue Spielräume für innovative Substitutionswerkstoffe schaf- fen, die mit vergleichbaren oder vollkommen neuen Eigenschaften konventionelle Werkstoffe erset- zen. Ausgangspunkt für diese Be- mühungen war das Stoffgemisch Tallöl, auf dessen Basis sich mit- tels verschiedener synthetischer Aufbereitungsstufen hochwerti- ge Reaktivharzsysteme herstellen lassen. Zusammen mit einer Ver- netzerkomponente können diese zu äußerst festen Kunststoffma- terialien ausgehärtet werden, die sich beispielsweise für den Einsatz im Bauwesen eignen. Die Kombination von Tallöl mit ei- nem kalthärtenden Vernetzer war hierbei ein völlig neuer Ansatz- punkt auf dem Gebiet der bioba- sierten Kunststoffe. Mit der Rück- führung des Nebenproduktes Tallöl in den Produktionskreislauf konnte entlang der Nutzungskas- kade von Holz ein weiterer stoff- licher Nutzungsschritt etabliert und das Wertschöpfungspoten- zial erhöht werden. Bioharzgebundene Bodenbeläge Für die Herstellung tallölbasierter Schaumstoffhalbzeuge im indust- riellen Maßstab haben die Projekt- partner außerdem ein besonderes Hochdruckverschäumungsverfah- ren erprobt, bei dem das Harz- gemisch mit einem speziellen Mischkopf in eine entsprechende Werkzeugform gefüllt und unter Expansion eines Treibgases auf- geschäumt wird. Dazu mussten zunächst hochwertige Harzgemi- sche gewonnen und ein geeigne- ter Anhydrid-Härter entwickelt werden. Bei den anschließenden Materialtests wurden zahlreiche Stoff- und Härterkombinationen auf ihre Eigenschaften hin cha- rakterisiert sowie verschiedene Formmassen und Strukturschäu- me im Labormaßstab gefertigt. Auf Basis dieser Testergebnisse konnten das Aufschäumen der Harzgemische im industriellen Maßstab und der konkrete Ein- satz in Form von bioharzgebunde- nen Bodenbelägen erprobt wer- den. Das Fraunhofer IMWS hat dabei Formmassen und Schäume für den industriellen Werkstoff- einsatz hergestellt und diese me- chanisch, thermomechanisch und morphologisch charakterisiert. Besser verträglich Im Projekt sind hochwertige Kunstharzsysteme entstanden, die je nach Anforderung und Ver- arbeitung modifiziert werden können. „Die Vorteile der neu- artigen Kunstharzsysteme liegen nicht nur im biogenen Ursprung der verwendeten Ausgangsstoffe, sondern auch in einem insgesamt energieeffizienteren Herstel- lungsverfahren, da in der Verar- beitung pflanzenölbasierte Struk- turschaumstoffe bei niedrigeren Temperaturen schneller aushär- ten“, sagt Nicole Eversmann, Pro- jektleiterin am Fraunhofer IMWS. Darüber hinaus zeichnen sich Kunstharzsysteme durch ihre ge- sundheitliche Verträglichkeit aus. Bodenbeläge könnten in der Zukunft aus Biomasse her- gestellt werden. Foto: Stefan Scharf / pixelio.de Im Projekt haben Forscherinnen und Forscher Proben aus Kunststoff hergestellt, der auf Tallöl basiert, und dabei verschiedene Härter getestet. Foto: Fraunhofer IMWS
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