DOMOTEX 2017

•••3••• Interview Ein echter Persermuss probeliegen DIEMESSE im Gespräch mit Peter Fliegner, Geschäftsführer der EUCA Herr Fliegner, warum sollte ich mir einen handgeknüpften Orient- teppich in mein Wohnzimmer le- gen statt industriell gefertigter Auslegeware? Das ist ja immerhin eine nicht unbeträchtliche Inves- tition. Handgeknüpfte Teppiche sind nach wie vor ihren Preis wert – si- cher ist das nicht wie früher die oft beschriebene „gute Geldan- lage“, aber ein handgeknüpfter Orientteppich ist immer ein Ein- zelstück. Ein von Menschen pro- duziertes Werk. Er ist individuell und kann nicht wie ein maschi- nengefertigter Teppich mehrfach produziert werden. Handgeknüpfte Teppiche sind seit einiger Zeit wieder groß in Mode. Welche Stücke werden denn der- zeit besonders nachgefragt, wenn man Machart, Design und Her- kunft berücksichtigt, und worauf kommt es den Endkunden beson- ders an? Im handgeknüpften Bereich ha- ben sich in den letzten Jahren viele interessante Stilrichtungen etabliert. Angefangen bei mo- dernen Designs, die nichts oder nicht sehr viel mit den traditionellen und jahrhun- dertealten Mustern gemein haben, sowie eben diese al- ten, traditionellen Muster, die neu eingefärbt auf den Markt kommen – eine ganz neue Art der ursprüngli- chen Orientteppiche. Das alles hängt natürlich mit dem heutigen Geschmack und der Mode zusammen. Heutige Konsumenten den- ken und richten sich anders ein als vor 40 Jahren. Worauf sollte ich beim Kauf als Verbraucher achten, wenn ich mich für einen handgefertigten Teppich entscheide? Zunächst einmal kommt es na- türlich auf den individuellen Ge- schmack an. Traditionell oder modern – das muss jeder für sich entscheiden. Hat man eine Entscheidung getroffen, sollte man sich in einem renommierten Fachgeschäft über die Qualität ei- nes Teppichs informieren. Bei der Auswahl ist es auch sehr wichtig, den Teppich zum „Probeliegen“ mit nach Hause zu nehmen. Je nach Lage und Lichteinfall kom- men Farben und Designs häufig anders zur Geltung. Natürlich sollte der Konsument auch dar- auf achten, dass die Teppiche, die zur Wahl stehen, ohne Kinderar- beit hergestellt wurden. Herr Fliegner, die European Car- pet-Importers Association e. V. (EUCA) ist auf der Domotex 2017 in Halle 16, Stand B09 zu finden. Welche Schwerpunkte setzen Sie in diesem Jahr in Hannover? Wie auch schon in den vergan- genen Jahren werden wir auch 2017 wieder in erster Linie für die europäischen Importeure da sein. Wir verfügen in diesem Be- reich zum Beispiel über gute Ver- bindungen zum Zoll und zu an- deren offiziellen Stellen, die für unsere Mitglieder wichtig sind. Auch bei den verschiede- nen Messegesellschaften können wir für Mitglieds- firmen erfolgreich tätig werden. EUCA teilt sich den Stand mit CARE & FAIR, Teppichhandel gegen Kinderarbeit e. V., ei- ner Initiative der Industrie gegen den Einsatz von Kin- derarbeit in der Teppichher- stellung. Was ist der Hinter- grund dieser Partnerschaft? Der Hintergrund erschließt sich aus den Anfängen von CARE & FAIR. Der Verein wurde 1994 von sozial engagierten Impor- teuren, die auch Mitglied der EUCA (damals BVOI, Bundesverband der Orientteppich-Importeure) wa- ren, gegründet. Die gemeinsame Geschäftsstelle hat seit jeher zu überschaubaren Kosten beigetra- gen, sodass circa 85 Prozent der Einnahmen aus der Importabgabe der Projektarbeit zugutekommen. Welche Trends lassen sich bei den Teppichimporten in Deutschland und Europa ausmachen? Drängen beispielsweise bisher eher unbe- kannte Produktionsländer als neue Player auf den Markt? Der Hochwert-Bereich, aber auch das günstige Preissegment ste- hen in der Gunst der Konsumen- ten. Zum einen schauen Käufer auf Qualität und sind bereit, da- für mehr Geld auszugeben – zum anderen wenden sich besonders junge Kunden preiswerteren Tep- pichen zu. Der Bereich der mittle- ren Qualitäten erscheint derzeit etwas vernachlässigt. Teppiche aus Marokko sind in letzter Zeit wieder auffälliger im Angebot. Trendfarben lassen sich derzeit noch nicht ausmachen. Grund- sätzlich denke ich, dass klassi- sche Teppiche, modern inter- pretiert, als Trendsetter gelten dürften. Auch dieses Jahr werden auf der Domotex wieder die Carpet De- sign Awards verliehen, bei denen handgefertigte Kunstwerke in acht Kategorien ausgezeichnet werden. Welche Innovationen er- warten Sie? Gerade ist die Liste mit den Fina- listen der Carpet Design Awards veröffentlicht worden. Leider sind hierin keine großen Innovationen erkennbar. Und welche Teppiche liegen bei Ih- nen selbst zu Hause? Bei uns zu Hause liegen Teppiche mit klassischen Designs, keine mo- dernen; auch ein, zwei mit chinesi- schen Mustern aufgrund persönli- cher Erinnerungen. Der sogenannte Orientteppich fliegt durch Krisentäler, scheint aber nie aus der Mode zu kom- men. Handgeknüpfte Teppiche sind immer Einzelstücke und be- gleiten ihre Besitzer bei sachge- rechter Pflege ein ganzes Stück weit durchs Leben. Da gilt es beim Kauf einige Regeln zu be- achten, insbesondere wenn es sich um wertvolle Stücke han- delt. In den vergangenen Jahren haben sich neue Designkreatio- nen den Markt erschlossen, tra- ditionelle Muster liegen heute auch in neuen, ungewohnten Farben bei den Teppichhänd- lern. Es tut sich also etwas bei den Orientteppichen, sagt Peter Fliegner, Geschäftsführer der European Carpet-Importers As- sociation e. V. (EUCA), im Exklu- siv-Interview mit DIE MESSE . Und Fliegner gibt potenziellen Käufern gleich ein paar Tipps mit auf den Weg. Peter Fliegner, Geschäftsführer der European Carpet-Importers Association e. V. (EUCA) Hamburg Foto: EUCA Neue Stile und modernes Design EUCA – European Carpet-Im- porters Association e. V. in Hamburg vertritt die europäi- schen Importeure von Orient- teppichen und ging hervor aus dem 1963 gegründeten Bun- desverband der Orientteppich- Importeure (BVOI). Im Jahr 2015 hat Deutschland Knüpfteppi- che im Wert von 73,76 Millio- nen Euro importiert, davon ein Drittel aus dem Iran. Die vier wichtigsten Herkunftsländer – Iran, Indien, Pakistan, Nepal – haben einen Marktanteil von 90 Prozent. Klassiker modern interpretiert Hochwertige Orientteppiche werden in Handarbeit hergestellt, wie hier in Indien, einem der Hauptlieferländer für Knüpfteppiche. Foto: Katharina Wieland Müller / pixelio.de Verein gegen Kinderarbeit

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