ACHEMA 2018

•••30••• Innovationen Minireagenzgläser aus Wassertropfen Neuartige Laborausstattung macht Untersuchung von Zellproben bis zu hundertmal günstiger E ine Laborausstattung, die die Suche nach Wirkstoffen und das Untersuchen von Zellproben viel einfacher und bis zu hundert- mal günstiger macht als bisher, haben Wissenschaftler des Karls- ruher Instituts für Technologie (KIT) entwickelt. So wird es möglich, Behandlungs- methoden den individuellen Be- dürfnissen von Patienten besser anzupassen. Die Karlsruher For- scher haben eine Möglichkeit gefunden, sogenannte Hoch- durchsatzscreenings, bei denen in Laboren parallel Tausende von Proben durchgetestet werden, ohne die bislang dafür notwen- dige, sehr aufwendige und teure Robotik durchzuführen. Tausende von separa- ten Tröpfchen Der Chemiker Pavel Levkin vom Institut für Toxikologie und Ge- netik (ITG), an dem Biologen, Che- miker und Physiker gemeinsam forschen, hat eine Oberfläche entwickelt, auf der sich wässrige Lösungen selbstständig zu Tau- senden von separaten Tröpfchen anordnen. „Auf einem Droplet- Microarray (DMA) können biolo- gische Proben wie etwa Gewebe aus einer Biopsie einemWirkstoff- Screening unterzogen werden“, sagt Simon Widmaier vom ITG. Tropfen als Reagenzglas Jeder einzelne Tropfen dient da- bei als eine Art Reagenzglas für biologische Experimente. Pipet- tierroboter und Pipettensprit- zen, bis dato unverzichtbar, sind überflüssig. „Ein einzelner Labor- mitarbeiter kann jetzt innerhalb weniger Sekunden Tausende von Wirkstoff-Screeningexperimen- ten ausführen.“ Das Einsparpo- tenzial, das die neue Technik bie- tet, ist laut Widmaier enorm: „Ein Pipetierroboter kostet mehrere 10000 Euro und muss von einem Experten bedient werden.“ Jeder Pipettierschritt koste allein durch den Verbrauch einer einzigen Pi- pettenspitze fünf bis sieben Cent. Ganz nachWunsch Darüber hinaus bietet das Ras- ter des Feldes aus durch einen exakten UV-Belichtungsprozess hergestellten extrem wasseran- ziehenden und wasserabweisen- den Bereichen die Möglichkeit, die Größe der zu untersuchenden Tröpfchen ganz nach Wunsch zwischen drei und 250 Nanolitern (Milliardstel eines Liters) zu va- riieren – während beim Einsatz herkömmlicher Mikropipettier- platten, die aus in Reihen und Spalten angeordneten Näpfchen bestehen, je Einheit mindestens 40 Mikroliter (Millionstel eines Liters) Reagenzien benötigt wer- den. „Grob geschätzt verbraucht ein DMA also tausendmal weni- ger Reagenzien. Da diese oft sehr kostspielig sind – manche sind teurer als Gold –, ein großer Vor- teil für die Anwender“, betont Widmaier. Neuartiges Polymer Des Weiteren hatte es die klas- sische Pipettiertechnik nicht er- laubt, Flüssigkeiten mit darin fein verteilten Festkörpern wie Zellen in Nanoliter-Mengen zu portio- nieren. Auf dem neuartigen bio- logisch verträglichen Polymer hingegen können Experimente auch mit ganz wenigen lebenden Zellen durchgeführt werden. Die Technologie bietet somit gro- ße Vorteile beim Screening von Stamm- und Primärzellen, mit denen sehr verlässlich geprüft werden kann, wie menschliche Organe auf Wirkstoffe reagieren. So würden Screening-Ergebnisse zuverlässiger und die Entwicklung von Medikamenten preiswerter, erwartet Widmaier. Weniger Kosten für Pharmaunternehmen Um ihre Innovation zu vermarkten, haben die Forscher vor, eine Firma zu gründen. Sie wollen damit auch biologischen Forschungslaboren mit geringer finanzieller Ausstat- tung ermöglichen, Hochdurch- satzscreenings durchzuführen und diagnostischen Labors personali- sierte Wirkstoffscreenings – wie sie etwa bei der Krebsbehandlung hilfreich sein können – zu erleich- tern und nicht zuletzt auch gro- ßen Pharmaunternehmen Kos- tenerleichterungen bieten. „Die DMA-Technologie löst das zentrale Problem der Miniaturisierung von Zellexperimenten und ermöglicht Screenings an medizinischen Wirk- stoffen und minimalen Zellmengen wie zum Beispiel Biopsiegewebe eines Patienten. Unser Ziel ist die Entwicklung, Produktion und Ver- marktung von Droplet Microarrays, Produktplattformen und Scree- ning-Kits an Forschungsinstitute, Screening-Center sowie Pharmaun- ternehmen und der Einsatz der DMA-Technologie für zellbasierte Wirkstoffscreenings im Kontext der personalisierten Medizin“, sagt Widmaier. Erste Prototypen wer- den bereits imMarkt getestet. Hintergrund Das Karlsruher Institut für Tech- nologie (KIT) verbinde seine drei Kernaufgaben Forschung, Lehre und Innovation zu einer Mission, heißt es. Mit rund 9 300 Mitar- beitern sowie 25 000 Studenten ist das KIT eine der großen natur- und ingenieurwissenschaftlichen Forschungs- und Lehreinrichtun- gen Europas. Auf einem DMA ordnen sich Flüssigkeiten selbstständig zu kleinsten Tröpfchen. Foto: KIT Seminar zu Kostensch tzung in Prozessindustrie Die Vermittlung aktueller Methoden und Werkzeuge des Cost Engineerings in der Prozessindustrie steht im Zentrum eines Seminars, das die DECHEMA am 27. und 28. September 2018 in Frankfurt veranstaltet. Die Planung und Steuerung von Ressour- cen, Kosten, Wirtschaftlichkeit und Risiken stehen dabei im Vordergrund. Planung, Entwicklung und Optimierung verfahrens- technischer Anlagen werden von Wirt- schaftlichkeitsrechnungen begleitet. Pro- zessvarianten müssen nicht nur anhand technischer Kriterien kritisch bewertet werden, sondern auch anhand ihrer Aus- wirkung auf die Wirtschaftlichkeit der Pro- duktion. Diese Bewertung sollte bereits in einem frühen Projektstadium erfolgen. Um die Kosten für diese Studien niedrig zu halten, müsse man sich bewährter Metho- den der Kostenschätzung bedienen.

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