ACHEMA 2018

•••3••• Interview MehrTransparenz in der Chemielogistik DIEMESSE im Gespräch mit Uwe Veres-Homm, Logistikexperte am Fraunhofer SCS Die Chemielogistik – eines der Fo- kusthemen auf der Achema 2018 – weist gegenüber anderen Logistik- bereichen einige Besonderheiten auf. Oftmals handelt es sich bei den Transportgütern um Gefahr- stoffe. Welche Herausforderungen bringt dies mit sich? Die Chemielogistik stellt einen vergleichsweise komplexen Be- reich des europäischen Logistik- marktes dar. Die Anforderungen der Verlader an Geschwindigkeit, Liefertreue und Qualität ihrer Lo- gistikprozesse sind in der Prozess- industrie besonders breit gefä- chert. Neben unterschiedlichsten Handlingsanforderungen (ver- schiedene Gefahrgut/-stoffklas- sen mit spezifischem Equipment) und Verkehrsträgern (kaum eine Branche nutzt alle Verkehrsträger so intensiv) ist insbesondere die sehr internationale Branchenver- flechtung der chemischen Indus- trie eine Herausforderung für die Logistikdienstleister. Auf der Ab- nehmerseite bringt jede Branche und jedes Land eigene Regularien mit sich, was eine entsprechend diverse Kompetenzlandschaft bei den Dienstleistern bedingt. Hinzu kommt die Tatsache, dass einzelne Stör- oder gar Un- fälle in der Chemielogistik ein relativ breites mediales Echo nach sich ziehen, was natürlich zu einem sehr ho- hen Qualitätsanspruch aller Beteiligten führt. Gleichzeitig zählt die Chemielo- gistik zu den intransparenten Märkten. Warum ist das so? Sowohl die Angebots- als auch die Nachfrageseite sind im Bereich der Chemie- logistik stark konzentriert. Im Gegensatz zu Standard- Ladungsverkehren trifft hier ein vergleichsweise enges Feld von einigen Dutzend größeren Ver- ladern auf rund 20 stark spezia- lisierte Logistikdienstleister, die sich häufig als Mittelständler in dieses spezifische Marktsegment begeben haben. Die Beziehungen zwischen Verlader und Dienstleis- ter sind aufgrund der speziellen Anforderungen meist sehr eng und vergleichsweise langfristig. Diese oligopolistische Marktstruk- tur führt jedoch auch zu einem geringen Austausch bezüglich der Frachtraten oder sonstigen Kon- ditionen für konkrete Logistik- dienstleistungen. Mit einem Frachtkostenbarometer will das Fraunhofer SCS für mehr Transparenz in diesem Markt- segment sorgen. Welcher Ansatz steckt hinter diesem „Freight Rate Benchmarking“? Unser „Freight Rate Benchmark“ basiert auf den tatsächlichen rela- tionsspezifischen Raten, die von unseren Partnern, ei- nem Zusammenschluss von rund zehn Unternehmen der Chemieindustrie, in den letz- ten Jahren realisiert wur- den. Die Methodik erlaubt es, die Frachtkostenhöhe und -entwicklung der teil- nehmenden Unternehmen auf europäischen Relatio- nen anonymisiert zu verglei- chen. Die Analyse umfasst neben den Frachtpreisen und der Transportmenge auch die Transportart, die Transportdistanz und die geografische Einordnung sowie Angaben unter anderem über Ge- fahrgutzulagen. Welchen Nutzen kann die Chemie- industrie daraus ziehen? Die Transparenz bezüglich der Marktentwicklung außerhalb des eigenen Unternehmens ermög- licht es, in Einkaufsverhandlungen bessere Positionen zu erreichen und interne Einkaufsprozesse ziel- gerichteter zu steuern. Die Spiege- lung der eigenen Ergebnisse mit dem Marktdurchschnitt erlaubt zudem einen kontinuierlichen An- passungsprozess sowie die Identi- fikation von Handlungsfeldern im Bereich des Frachteneinkaufs. Welche Trends lassen sich aktuell in der Chemielogistik erkennen? Neben den großen, aber in je- dem logistischen Teilmarkt zum Tragen kommenden Themen des digitalisierten Datenaustausches über die gesamte Supply Chain und des zunehmenden Personal- problems im Bereich der Logis- tikwirtschaft spielen im Bereich der Chemielogistik vor allem zwei Trends eine Rolle: die weit- gehende Integration alternativer Verkehrsträger zur Straße sowie stetig zunehmende Sicherheits- und Qualitätsanforderungen im Logistikprozess. Ersterer führt zu neuen Betreibermodellen für die notwendige Pipeline-, Schienen- und Terminalinfrastruktur, letz- terer macht eine Dokumentation, Schulung und Weiterentwicklung der gesamten Logistikkette in- klusive Prozessen, Equipment, Know-how, Sicherheitsverständ- nis und Kommunikationsketten notwendig. Auf dem Achema-Praxisforum „Chemical and pharma logistics“ sprechen Sie am 12. Juni zum The- ma „Freight Rate Intelligence“. Welche weiteren Aspekte rücken Sie dabei in den Mittelpunkt? Neben der deskriptiven Analyse der bisherigen Frachtratenent- wicklung arbeiten wir zurzeit an Anwendungsfällen, um auf Basis von Algorithmen und Prescriptive Analytics taktische und strategi- sche Empfehlungen zum Beispiel für die Steuerung von Ausgangs- mengen in Fällen von Kapazitäts- knappheiten abzuleiten. Eine Kombination von Erfahrungsda- ten mit aktuellen Prognosen lässt hier auf ganz neue Ansatzpunkte zur Optimierung hoffen. Bei der in die Zukunft gerichteten Nutzung ihrer eigenen Daten steht die Che- mielogistik aber noch am Anfang. Wie sich die vergleichsweise komplexe Chemielogistik noch weiter optimieren lässt, ist ei- nes der Themen auf dem Ache- ma-Praxisforum „Chemical and pharma logistics“. DIEMESSE sprach darüber mit Uwe Veres- Homm, Logistikexperte am Fraunhofer SCS. Uwe Veres-Homm, Geschäftsfeldkoordinator Logistik, Transport & Mobilität, Fraunhofer-Arbeitsgruppe für Supply Chain Services (SCS) Foto: Fraunhofer SCS Gefahrgut: Die Chemielogistik stellt eine ganz besonde- re Herausforderung dar. Foto: Oliver Moosdorf / pixelio.de YOUR MICROWAVE & RF PARTNER FOR DRYING AND CHEMICAL APPLICATIONS Radio frequency tunnel dryer for 10 μm powder Visit us at ACHEMA 2018 Hall 6.1 · Booth C17 12 Porte du Grand Lyon · 01700 NEYRON · France · Tel. : +33 4 72 01 81 60 · commercial@sairem.com · www.sairem.com Modular reactor for con�nuous ow High temperature single mode cavity

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