18. April 2024 
 
6. Oktober 2017

Motek: Roboter-Programmierung per drag & drop

Mit der Software "drag & bot" hat Fraunhofer IPA eine neue Lösung entwickelt, die die Programmierung von Robotern vereinfachen soll. "Unsere Software ermöglicht, den Programmablauf in einer grafischen Oberfläche per 'drag&drop' zu erstellen, wie man es von PCs und Mobilgeräten gewohnt ist," sagt Roboter-Experte Martin Naumann im Gespräch mit DIE MESSE.

Foto: Fraunhofer IPA, Rainer BezFoto: Fraunhofer IPA, Rainer Bez
Je nach Prozessanforderungen ist drag&bot modular erweiterbar.
Herr Naumann, warum ist die Programmierung von Robotern vergleichsweise aufwendig?

Um Roboter zu programmieren, ist aktuell spezifisches Robotik- und auch Prozesswissen über die zu automatisierende Aufgabe wie beispielsweise das Bearbeiten oder Montieren erforderlich. Außerdem werden Roboter in herstellerspezifischen Skriptsprachen programmiert. Auch hierzu sowie zu den Steuerungen und wie diese im Detail funktionieren ist Expertise nötig, zumal die Produkte der verschiedenen Hersteller alle etwas anders funktionieren. Roboterprogrammierung ist also meist Sache von Experten. Eine weitere Herausforderung ist, dass die herstellerspezifischen Programmiersprachen das Integrieren von Zusatzfunktionen nur schwer möglich machen. Hat ein Unternehmen also eine etwas spezifischere Anforderung an eine Automatisierungslösung mit Robotik, muss es eine Spezial­lösung umsetzen.

Das Fraunhofer IPA hat mit „drag&bot“ eine Softwarelösung entwickelt, die die Roboterprogrammierung vereinfachen und intuitiver machen soll. Wie gelingt das?

Dies gelingt uns durch eine ganz neue Form der Roboterprogrammierung: Unsere Software ermöglicht, den Programmablauf in einer grafischen Oberfläche per „drag&drop“ zu erstellen, wie man es von PCs und Mobilgeräten gewohnt ist. Hierfür stellen wir Funktionsblöcke bereit, die zum Beispiel eine Roboterbewegung, das Schließen des Greifers oder das Lokalisieren eines Werkstücks ermöglichen. Anpassungen an den jeweiligen Prozess können Anwender mithilfe sogenannter Wizards, also Eingabehilfen in Form von Plugins, vornehmen: Diese helfen dem Anwender beispielsweise dabei, dass das Programm die Position des Roboters direkt übernimmt.

Ein anderer Wizard bietet die Möglichkeit, Informationen aus der Bildverarbeitung zu nutzen. So können zum Beispiel Schraub­löcher mithilfe einer Kamera lokalisiert werden. Der Anwender wählt aus, welche Position geschraubt werden soll und klickt diese an. Der Wizard übernimmt automatisch die Position des Schraublochs. Eine weitere Unterstützung bieten unsere „Guides“: Diese Bedienhilfen unterstützen den Anwender beim Erstellen eines Programms, indem sie ihn Schritt für Schritt durch die einzelnen Schritte führen und dabei alle Informationen abfragen, die zur Programmausführung nötig sind. Ein letzter technischer Aspekt: Indem wir zwischen der Robotersteuerung und der Bedienoberfläche eine Abstraktionsschicht eingeführt haben, ist ein modularer Aufbau der Software möglich. Dies macht es sehr einfach, neue Funktionen zu integrieren.

Welche Vorteile haben mittelständische Unternehmen dadurch?

Generell profitieren alle Anwender von drag&bot, weil die Programmierung eines Roboters keine spezifischen Kenntnisse in der Roboterprogrammiersprache mehr erfordert. Die Software unterstützt bereits Robotersysteme mehrerer Hersteller und die Bedienoberfläche sieht immer gleich aus, sodass keine systemspezifische Einarbeitung nötig ist. Hinzu kommt, dass die Funktionsblöcke vordefiniert und die Programmabläufe standardisiert sind. So sind einzelne Funktionen und ganze Programmabläufe wiederverwendbar.

Mit der Software adressieren wir insbesondere den Mittelstand. Unternehmen mit kleineren und mittleren Produktionsgrößen haben den Vorteil, dass Roboter in geringerer Zeit und ohne das Hinzuziehen eines Experten programmierbar sind. Außerdem sind Roboter heute noch oft Teil einer Sonderlösung, das heißt, ihr Einsatz lohnt sich besonders für eine Aufgabe, die über Jahre gleich bleibt. Mit drag&bot hingegen ist ein flexibler Einsatz von Robotern für unterschiedlichste Aufgaben möglich.

Eine weitere Softwarelösung aus Ihrem Haus ist „pitasc“, mit der sich verschiedenste Montageprozesse automatisieren lassen. Was heißt dies konkret?

pitasc haben wir speziell für kraftgeregelte Prozesse in der Montage entwickelt, also für Aufgaben, bei denen der Roboter bestimmte Kontaktzustände und eine bestimmte Kraftaufbringung umsetzen muss. Unser Hauptziel ist dabei, dass wir auch mit Toleranzen am Werkstück oder im Prozess umgehen können und eine herstellerunabhängige Lösung anbieten können. Mit pitasc wird dem Robotersystem die Bahn nicht mehr Punkt für Punkt im Vorfeld vorgegeben, sondern der Algorithmus berechnet diese zur Laufzeit basierend auf Zielgrößen und Randbedingungen selbst. Hierfür werden der Prozess, Werkstück- und Prozessparameter zunächst in allgemeiner Form modelliert. Die Montageaufgabe liegt dann als Abfolge von Programmbausteinen vor, ähnlich wie wir es von Arbeitsplänen für die manuelle Montage kennen.

Durch Zuweisung variantenspezifischer Werte und mithilfe aktueller Sensordaten berechnet das System dann entsprechend seiner Kinematik selbst, wie es sich bewegen muss, und arbeitet die Prozessbausteine ab. Mit pitasc ist eine einmal modellierte Aufgabe auf neue Werkstückvarianten oder andere Systeme übertragbar. Die Programmbausteine beinhalten alle erforderlichen Komplexitäten für die Aufgabenausführung und „verstecken“ die Komplexitäten vor den Anwendern. Und die neue Technik bietet den Vorteil, dass die Programmbausteine wiederverwendbar und zu komplexeren Programmabläufen zusammenstellbar sind.

Welche Effekte hat die Lösung mit Blick auf Einricht- und Umrüstzeiten eines Robotersystems?

Beide Softwarelösungen tragen dazu bei, Einricht- und Umrüstzeiten eines Robotersystems signifikant zu verkürzen. So möchten wir einen breiteren Robotereinsatz auch bei kleinen Stückzahlen wirtschaftlich sinnvoll realisieren können. Unsere Vision ist, dass Unternehmen Roboter nachfrageorientiert und ohne spezielle Aufwände nutzen können.

Das Fraunhofer IPA präsentiert sich auf der Motek in Halle 7 am Stand 7127. Welche weiteren Schwerpunkte setzen Sie in Stuttgart?

Die Exponate auf unserem Stand werden die beiden genannten Softwarelösungen in der Anwendung vorstellen. Darüber hinaus können sich die Besucher bei uns über weitere Inhalte zur Montageautomatisierung informieren: Dazu gehören beispielsweise unsere Dienstleistung der Automatisierungs-Potenzialanalyse, der wirtschaftliche Einsatz von Roboterlösungen speziell auch im Hinblick auf Mensch-Roboter-Kooperation oder die Planung und Konzeption von und Risikoanalyse für Automatisierungslösungen mit neuester Robotertechnologie.

Herr Naumann, vielen Dank für das Gespräch.

http://www.motek-messe.de

 




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